Berliner Woche und Bürgermeisterin auf der Trabrennbahn
Wie üblich ist es ein Freitagmorgen, blauer Himmel, herrlicher Sonnenschein und wir sind bester Laune. Mit Betreten der Anlage, einst eine der größten und meistbesuchten Trabrennbahnen Deutschlands, ist die Großstadt beziehungsweise der am Mariendorfer Damm mit dem tosenden Verkehr wie weggewischt. Quasi eine andere Welt.
Andreas Haase, Geschäftsführer der traditionsreichen Pferdesportanlage, erwartet uns. Wir drei sind so ziemlich allein auf weiter Flur. Lediglich ein Sulkygespann dreht an diesem Morgen seine Trainingsrunden auf der 1,2 Kilometer langen Sandbahn. Der Fahrer, Rolf Hafvenström aus Schweden, stoppt sein edles Ross, es heißt "Melody PS", und erklärt der Bürgermeisterin in aller Form, dass er sich durch ihr Interesse "sehr geehrt" fühle und nun noch viel fröhlicher seine Runden drehen würde.
Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass die großen und goldenen Zeiten der weltberühmten, 1913 eröffneten Trabrennbahn Mariendorf wohl unwiederbringlich der Vergangenheit angehören. Bis zum Fall der Mauer waren ständig 600 bis 700 Rennpferde auf dem inzwischen verkleinerten Stallgelände untergebracht oder tummelten sich in den fünf weitläufigen Koppeln. Heute sind es nur noch rund 30 Pferde, weiß Andreas Haase. Lediglich an den Renntagen und insbesondere zu den Derby-Wochen brummt die Anlage wie in alten Zeiten. Dann sind alle Ställe vorübergehend voll ausgelastet und platzen förmlich aus allen Nähten. "Nach der Wende sind in den 90-er Jahren die meisten Pferdebesitzer ins Umland gezogen", sagt Haase nicht ohne Verständnis. "Schließlich sind die Bedingungen auf dem Land für die Tiere natürlich viel besser und artgerechter." Als Konsequenz wurden Randbereiche verkauft, sodass die einst über 30 Hektar große Anlage in den vergangenen Jahren auf 22 Hektar geschrumpft ist. Zu Fuß dennoch noch eine gehörige Strecke, wie die Bürgermeisterin anmerkt, als sie eine Koppel ansteuert und den beiden Pferden darin etwas zuflüstert.
Donnerwetter! Angelika Schöttler outet sich ganz nebenbei tatsächlich als sattelfeste Pferdeflüsterin. Die passionierte Reiterin erzählt, was der breiten Öffentlichkeit und auch vielen Politikerkollegen bislang sicherlich verborgen geblieben sein dürfte: "Ich war mit Mitte 20 fünf Jahre mit viel Freude im Schering-Reitverein und kann mit Pferden umgehen. Man muss eben nur mit ihnen reden und zuhören."
Angelika Schöttler war bei dem Pharmakonzern rund 20 Jahre als Informatik-Assistentin beschäftigt und hat das Fach zwischenzeitlich auch regulär mit Abschluss studiert. Kein Wunder also, dass die Frau heute auch als Chefin im Rathaus Schöneberg anscheinend immer bestens informiert fest im Sattel sitzt.
Autor:Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof |
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