Fußballer bringen Einkäufe
Sportklub Blau-Weiß 1890 Berlin bietet älteren Menschen Hilfe an
„Blau-Weiß 90 kauft ein“ heißt eine Hilfsaktion des Sportvereins in der Rathausstraße. Ältere Menschen aus Mariendorf und Tempelhof, die sich wegen des Coronavirus nicht nach draußen trauen, können sich an den Klub wenden. Dort werden Bestellungen entgegengenommen, Einkäufe erledigt und vor die Haustür gebracht.
Weil der Spielbetrieb im Berliner Amateurfußball seit Mitte März ruht und die Sportanlage von Blau-Weiß auch für Training bis vorerst 19. April gesperrt ist, hat Benjamin Hendschke Zeit, die Aktion zu koordinieren. Der 35-Jährige leitet die Geschäftsstelle. Normalerweise kümmert er sich um An- und Abmeldungen von Spielern, Mitgliederpflege und die Finanzen. Er beantragt Trainings- und Spielzeiten beim Sportamt, bucht Busfahrten zu Auswärtsspielen, schreibt Rechnungen und beantwortet E-Mails. Das meiste davon entfällt aktuell. Stattdessen nimmt der gelernte Bürokaufmann nun Telefonate entgegen und kauft ein. Bedingung ist, dass der Einkaufswert bei mehr als zehn Euro liegt. Es solle sich auch lohnen und die Betroffenen sollten im Idealfall erst einmal ein paar Tage versorgt sein. In der ersten Woche nach dem Aufruf hätten sich fünf Personen gemeldet. Eine ältere Dame, die aufgrund einer schweren Vorerkrankung zur Risikogruppe gehört, habe das Angebot schon mehrfach dankend angenommen. „Ich habe für sie Kartoffeln, Joghurt, Öl und Kamillentee besorgt“, sagt Benjamin Hendschke. Die Einkäufe stellt er vor die Haustür, ohne dass es dabei zu einem direkten Kontakt kommt. Er hält stets den vorgeschriebenen Mindestabstand ein.
Den Anstoß, als Verein in dieser Ausnahmesituation Menschen zu helfen, gab die erste Vorsitzende Gabriela Schramm. Anschließend hätten sie sich gemeinsam diese Aktion überlegt, erzählt Hendschke. Der sportliche Leiter Benjamin Kandler entwarf einen Flyer, den Blau-Weiß am 25. März auf seiner Twitter-Seite veröffentlichte. Außerdem wurden diese an Haustüren in der Umgebung geklebt, in Apotheken und in einem Discounter in der Manteuffelstraße ausgelegt. Bei den Einkäufen hilft neben Hendschke und Schramm auch Rani Al-Kassem, der sonst für die Jugendabteilung zuständig ist. „Wir waren die ersten, die das angeboten haben“, sagt der Geschäftsstellenleiter. Inzwischen bieten auch andere Vereine Hilfe an, zum Beispiel Hilalspor aus Kreuzberg. Auf die Aktion habe Blau-Weiß ein positives Feedback vom Berliner Fußball-Verband bekommen, berichtet Benjamin Hendschke. Selbst der langjährige Profi und Kapitän von Hertha BSC, Fabian Lustenberger, der mittlerweile bei den Young Boys Bern in der Schweiz spielt, habe den Aufruf in den sozialen Medien geteilt. Sollten die Bestellungen zunehmen, würde auch die Frauen-Mannschaft von Blau-Weiß mit anpacken.
Auch abseits der Hilfsaktion zeigt der Oberligist Solidarität. Die Spieler der ersten Herren-Mannschaft haben Bereitschaft signalisiert, vorübergehend auf einen Teil ihrer Aufwandsentschädigungen zu verzichten. „Ich wäre auch zu Abzügen bereit“, erklärt Hendschke, der vor knapp fünf Jahren von Tennis Borussia, wo er vor einem Knorpelschaden auch Spieler war, zu Blau-Weiß wechselte und der einzige Angestellte ist. Mit großen finanziellen Schwierigkeiten für den Verein rechnet er nicht, obwohl die Einnahmen aus dem meist gut besuchten Heimspiel gegen Tennis Borussia ausgeblieben sind. Die Partie hätte am 21. März stattfinden sollen. „Da wären rund 1000 Zuschauer gekommen“, ist er sicher. Wichtig sei vor allem, dass die inklusive Handball-Abteilung 600 Vereinsmitglieder weiter ihre Mitgliedsbeiträge zahlen.
Wer das Hilfsangebot annehmen möchte, kann montags bis freitags 10 bis 12 Uhr in der Geschäftsstelle anrufen, Telefon 70 78 24 07, und Einkaufswünsche durchgeben. Infos auch unter www.blauweiss90berlin.de.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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