„Ich bin hier im Paradies“
Kleingartenkolonie Gerdsmeyer feiert 60-jähriges Bestehen

Franz-Josef Meise (Zweiter von rechts) und seine Frau Habibe mit ihren Parzellen-Nachbarn Gunhild und Bernhard Pfeiffer. | Foto: Philipp Hartmann
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Wer vom Mariendorfer Damm nur ein kurzes Stück in die Körtingstraße hineinläuft, verliert sofort das Gefühl, in einer Großstadt zu sein. Dort liegen die 100 Parzellen der Kleingartenkolonie Gerdsmeyer.

Jeder kennt hier jeden, man grüßt sich am Gartenzaun. Am 1. September feiert die kleine grüne Oase ihr 60-jähriges Bestehen mit einem Jubiläumsfest der Generationen.

Für ein gutes Zusammenleben setzt sich Franz-Josef Meise (69) ein. Er ist erster Vorsitzender der Kolonie, die seit 2014 eingetragener Verein ist und deren Gemeinnützigkeit 2016 anerkannt wurde. Beim Rundgang mit ihm fällt sofort auf, wer seinen Garten auch bei der Dauerhitze mit ausreichend Wasser versorgt hat. Während so manch brauner, ausgedörrter Rasen die Optik prägt, ist bei Meise alles saftig grün. Kein Wunder, denn er und seine Frau Habibe (69) sind täglich mehrere Stunden vor Ort. Um ihren Garten, den sie seit 1982 haben, kümmern sie sich liebevoll. „Ich bin nur fürs Rasenmähen zuständig. Meine Frau hat den grünen Daumen“, erzählt er.

Kartoffeln, Gurken, Paprika, Kürbisse, Johannis-, Brom- und Himbeeren und sogar Physalis baut Habibe Meise rund um das Gartenhäuschen an. Besonders stolz zeigt sie auf die Auberginen, die in diesem Sommer besonders groß geworden sind. Frische Salate und leckere Marmelade landen am Ende auf dem Frühstückstisch. Für Habibe Meise ist die Gartenarbeit zur Leidenschaft geworden. Mit der Gießkanne geht sie von Beet zu Beet und überrascht den Autor dieses Textes mit ein paar frischen Tomaten zum Mitnehmen. Was der Kleingarten in einer Stadt wie Berlin für sie bedeutet? „Ich möchte im Sommer nirgendwo hin, außer in den Garten. Ich bin hier im Paradies“, erzählt Habibe Meise glücklich. Für ihren Mann bedeutet es „ein bisschen Freiheit“.

So wie dem Ehepaar Meise dürfte es auch den anderen Kleingärtnern in der Dauerkolonie Gerdsmeyer gehen. Die 32 000 Quadratmeter große Fläche ist ein ehemaliges Barackengelände. 1958 wurde die Anlage gegründet, benannt nach dem Politiker August Gerdsmeyer, der sich engagiert für die grüne Gestaltung von Kleingartenanlagen in der Kommunalpolitik einsetzte. Das Kleingartenwesen und die Gemeinschaft zu fördern, ist heute keine leichte Aufgabe mehr. Die jungen Leute, die nach und nach für einen Generationenwechsel in der Kolonie sorgen, würden lieber unter sich bleiben. Sie hätten nicht mehr das Bedürfnis, in größerer Runde mit ihren Parzellennachbarn zusammenzukommen, berichtet Franz-Josef Meise. Er versucht dennoch, gemeinsame Aktivitäten und Treffen zu organisieren.

So lädt er zum Beispiel immer wieder Fachberater des Bezirks- und des Landesgartenverbands ein. Diese erklären dann Interessenten in der Kolonie, wie sie einen Kompost richtig anlegen, einen Baum vernünftig beschneiden oder mit Ungeziefer umgehen, ohne Gifte einzusetzen – in Zeiten des Insektenschwunds ein besonders wichtiges Thema. Außerdem gibt es einmal jährlich ein großes Fest, das dieses Jahr noch größer als sonst ausfallen wird. Am 1. September ab 14 Uhr feiert die Dauerkolonie Gerdsmeyer schließlich ihr 60-jähriges Bestehen. Dann werden an 14 Spielständen Pokale in Disziplinen wie Kartoffelschälen und Stiefelweitwurf ausgespielt. Klingt nach einem großen Familienspaß. „Es kann jeder kommen, der uns kennenlernen möchte oder sich für Kleingärten interessiert“, sagt Franz-Josef Meise. Dann gießt er sich noch einen Schluck Wasser ein, verfeinert mit etwas Minze. Seine Frau hatte sie eben erst abgeschnitten – natürlich aus dem eigenen Beet.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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