Möbel bauen im Unterricht
In der Gustav-Heinemann-Oberschule wird handwerklich gearbeitet
Eine gewisse Routine ist den Zehntklässlern der Gustav-Heinemann-Oberschule (GHO) anzumerken. Wenn die Stunde beginnt, weiß jeder genau, was er zu tun hat. Der Kittel wird um die Hüfte geschnürt, die Schutzbrille aufgesetzt und dann geht es in Gruppen an die Werkbänke.
Die GHO hat eine eigene Metall- und Holzwerkstatt. Im Wahlpflichtfach WAT (Wirtschaft, Arbeit, Technik) können die Schüler dort praktisch arbeiten und lernen, verschiedene Maschinen zu bedienen. Davon gibt es eine Menge, unter anderem Teller- und Bandschleifmaschinen, elektrische Kappsägen, Abrichthobel, Tischkreissägen und Standbohrmaschinen. „Sie bekommen erstmal eine Sicherheitseinweisung. Am Anfang noch ganz unter Aufsicht, dürfen sie die Maschinen mit zunehmendem Alter selbstständig benutzen“, erklärt Lehrer Gregor Wiesner (37).
Außerdem werden sie darin geschult, technische Zeichnungen zu verstehen und nach ihnen zu arbeiten. Die ersten Schritte gehen sie noch mit dem Lehrer zusammen, anschließend sind sie selbstständig für ihren Fortschritt verantwortlich. „Ich bin hier nicht der Vorbeter, sondern begleite sie bei ihrem Arbeitsprozess“, sagt Wiesner. Er erinnert sich an einige ehemalige Schüler, die durch den Unterricht derart geprägt wurden, dass einer heute als Tischler, ein anderer als Mechatroniker arbeitet. „Einer wollte uns spaßhaft mal die Werkstatt abkaufen.“
In diesem Schulhalbjahr haben die Schüler die Aufgabe, den „Heinemann-Hocker“ zu fertigen. Er ist aus Kiefernholz und kann zusammengeklappt werden. Dafür müssen sie 24 Sitzleisten zurechtschneiden, korrekt zusammenbauen und lackieren. Jeder Schritt wird in einem Arbeitsprotokoll dokumentiert. Bis zur Zeugnisvergabe im Januar und in insgesamt 34 Unterrichtsstunden sollte er fertig sein.
Einige Projekte haben eine sinnvolle Verwendung gefunden. So wurden Blumenkästen für den Bio-Fachbereich, Vogelhäuser für den Schulgarten und Sitzmöbel für den Schulhof produziert. Für das Weihnachtsfest haben die Schüler aus Baumscheiben dekorative Teelichthalter gefertigt, die sie auf ihrem Weihnachtsmarkt verkauft haben. „Es macht Spaß, eigene Sachen zu bauen und sich auszuprobieren“, erzählt Yasemin. Die 16-Jährige hat zu Hause bereits einen im Unterricht gebauten Strandstuhl. Ihre Mitschülerin Emilia (15) berichtet, dass sie früher schon mit ihrem Opa verschiedene Figuren erarbeitet habe. Am Unterricht in der Werkstatt gefalle ihr vor allem das Teamwork. „Wer mal nicht weiterweiß, kann jederzeit die anderen fragen, wie sie es machen würden.“ Für Joey (15) sind sägen, schleifen und bohren vor allem eine „coole Abwechslung“ zu anderen Unterrichtsfächern. In einem früheren Projekt hat er mal einen Bierkasten aus Holz für sechs Flaschen gebaut und eine Schrift eingefräst.
Dass Jugendliche in der Schule nicht genügend auf das Leben vorbereitet werden, was in der Öffentlichkeit immer wieder kritisiert wird, kann vom WAT-Unterricht nicht behauptet werden. Nach Abschluss des Wahlpflichtfachs können die Schüler mit allen Maschinen sicher umgehen und verfügen laut Gregor Wiesner über einen „gewissen handwerklichen Grundstock in der Elektro-, Holz- und Metallverarbeitung“. Und das ist nur ein Aspekt. „Wir gehen auch in die Küche. Da geht’s um Grundlagen der Lebensmittelzubereitung, Schneidetechniken und Garverfahren. Die Schüler lernen außerdem das Nähen, sodass sie es auch mal schaffen, das Loch in der Jeans zu stopfen, und nicht für alles immer gleich einen Handwerker oder eine Dienstleistung in Anspruch nehmen müssen.“
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.