Das Notaufnahmelager wird 70 Jahre alt
Erinnerungsstätte lädt zu Workshops, Führungen, Gesprächen und Buchvorstellung ein
Vor 70 Jahren eröffnete das Notaufnahmelager Marienfelde. Für anderthalb Millionen DDR-Bürger war es bis 1990 die erste Anlaufstelle nach ihrer Flucht aus dem Osten Deutschlands. Am Sonnabend und Sonntag, 15. und 16. April, gibt es zum Jahrestag viele kostenlose Veranstaltungen in der heutigen Erinnerungsstätte in der Marienfelder Allee 66.
Natürlich ist die Dauerausstellung „Flucht im geteilten Deutschland“ mit mehr als 900 Fotografien, Objekten und Dokumenten zu besichtigen. Am Sonnabend um 18 Uhr, wenn das Sonderprogramm beginnt, sind Experten vor Ort und beantworten Fragen. Welche Gründe hatten Menschen die DDR zu verlassen? Wie sind sie geflohen? Wie war ihr Aufenthalt im Notaufnahmelager Marienfelde? Wie sah ihr neues Leben im Westen aus?
Ebenfalls um 18 Uhr lädt das Künstlerpaar Maria Vill und David Mannstein zur Premierenführung zur Ausstellung „Here and Now“ ein. An den Fassaden der Gebäude hinter dem Haupthaus hängen große Plakate, sogenannte Paste-ups. Sie wurden gemeinsam mit geflüchteten Jugendlichen gestaltet, die heute mit ihren Familien dort leben. Am Sonntag gibt es zwischen 13.30 und 17.30 Uhr Führungen, die rund eine halbe Stunde dauern. Die Werke sind noch bis 22. Oktober zu sehen.
Auch zwei Workshops stehen am Sonntag auf dem Programm. So können Familien mit Kindern zwischen sieben und zwölf Jahren um 11 und 14 Uhr eine gute halbe Stunde lang erfahren, wie ein Ding ins Museum kommt. Um Anmeldung per E-Mail an anmeldung@stiftung-berliner-mauer.de wird gebeten. In der Wunschwelten-Werkstatt dürfen Interessierte zwischen 13 und 16 Uhr spontan aktiv werden. Es geht um die Fragen: Was würde ich in meinen Koffer packen, wenn ich weggehen müsste? Was bedeutet es, neu anzufangen? Wer mag, kann Namensschilder basteln, wie sie oft an Koffern hängen, und einen Wunschbaum damit schmücken.
Moderierte Zeitzeugengespräche
„Ich erinnere mich“ heißt es bei drei moderierten Zeitzeugengesprächen. Um 11 Uhr ist Edith Anna Haase zu Gast. Sie arbeitete beim DDR-Fernsehen, konnte regelmäßig in den Westen reisen, lebte sogar zwei Jahre in Bonn, kehrte aber immer wieder in die DDR zurück. Erst im Juni 1989 flüchtete sie mit ihrer Mutter und kam im Notaufnahmelager Marienfelde an. Eine ganz andere Geschichte erzählt Albrecht Roos um 13 Uhr. Er wurde 1959 für zwei Jahre bei der Armee verpflichtet und sollte bei der Errichtung der Berliner Mauer mitarbeiten. Am 15. September 1961 nutzte er die Chance und floh. Um 14 Uhr berichtet Leanthe Schmidt davon, wie sie 1975 mithilfe der schon im Westen lebenden Eltern mit ihrem heutigen Mann in den Westen floh und das Aufnahmeverfahren erfolgreich absolvierte. Anmeldung zu den rund 40-minütigen Gesprächen per E-Mail an anmeldung@stiftung-berliner-mauer.de.
Um Gegenstände wie ein Poesiealbum, ein Foto oder eine Vitrine voller Stempel geht es zwischen 12 und 17 Uhr bei Themenführungen, die etwa eine Viertelstunde dauern. Guides erklären, was diese Dinge mit den Fluchten zu tun haben und beantworten Fragen. Auch in dem Buch „Flucht und Ankommen“ geht es um Gegenstände. Autor Manfred Wichmann hat 70 Objekte ausgewählt, die DDR-Flüchtlinge in Marienfelde zurückgelassen haben – von der Nähmaschine über den Teddy bis zum Schlitten. Diese oft unscheinbaren Dinge erzählen viel vom Verlust und Zukunftshoffnung. Mehr ist um 15 Uhr zu erfahren, wenn Wichmann sein Buch vorstellt. Schließlich kann man einen neuen Multimedia-Guide zur Erkundung der Erinnerungsstätten-Ausstellung kennenlernen. Erläuterungen dazu gibt es von 12 bis 16 Uhr an einer Info-Station. Das Sonderprogramm endet am Sonntag um 18 Uhr.
Detaillierte Informationen zum Programm gibt es auf https://www.stiftung-berliner-mauer.de/de/notaufnahmelager-marienfelde/besuch/programm/mittendrin-programmwochenende-70-jahre.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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