Brückenschlag in die Gegenwart
Erinnerungsstätte Notaufnahmelager will ihr Gesicht verändern

Bettina Effner ist die Leiterin der Erinnerungsstätte. | Foto:  Schilp
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Große Veränderungen stehen in der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde, Marienfelder Allee 66, an. Für rund drei Millionen Euro wird die Dauerausstellung neu strukturiert. Außerdem sind etliche neue Angebote geplant. Rund drei Jahren wird es dauern, bis alles fertig ist.

Das Notaufnahmelager wurde im Jahre 1953 eröffnet. Für weit über eine Million Personen, die die DDR bis 1990 verließen, war es die erste Anlaufstelle im Westteil der Stadt. Heute erinnert die Schau „Flucht im geteilten Deutschland“ mit mehr als 900 Objekten an diese Zeit und die Geschichten der Menschen, die ihre Heimat verließen. Doch die Ausstellung ist in die Jahre gekommen. Zum letzten Mal wurde sie 2005 umgestaltet. „So sehr wir sie lieben, es bedarf einer Erneuerung. Das betrifft nicht nur das Erscheinungsbild. Die Ausstellung ist nicht barrierefrei, und es gibt stellenweise auch neue historische Erkenntnisse“, sagt Bettina Effner, die Leiterin der Erinnerungsstätte.

Dass die Pläne verwirklicht werden können, steht fest. Kürzlich gab es die Zusage der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, das Vorhaben mit knapp 1,5 Millionen Euro zu fördern. Die andere Hälfte der benötigten Summe kommt aus Lottomitteln.

Thema Flucht bis heute

„Unser Kernthema wird die Flucht aus der DDR bleiben, doch wir wollen es anders rahmen und die Geschichte mit der Gegenwart verbinden“, sagt sie. Denn ins Notaufnahmelager kamen nicht nur DDR-Bürger und später Aussiedler aus Osteuropa. Noch heute leben in den Wohnbauten auf dem Gelände mehr als 600 geflüchtete Menschen. „Auch bei diesen jüngeren Migrationen wollen wir nach Ursachen und Folgen fragen“, so Effner. Ein Schwerpunkt sei es, Biografien von Menschen aus unterschiedlichen Ländern zu präsentieren, um Persönliches mit zeitgeschichtlichen Ereignissen zu verknüpfen.

Raum soll die zukünftige Ausstellung auch für andere aktuelle Fragestellungen bieten, wie zum Beispiel Presse, Kirche und andere Institutionen mit Fluchtbewegungen umgehen. „Dazu haben wir viele spannende Fotos“, sagt Effner. „So gab es 2015/2016 dramatische Bilder, die die Not der Menschen zeigten und viel Empathie hervorriefen. Dann wurden es immer mehr Geflüchtete und die Bilder änderten sich.“ Auf diese Weise könnten besonders Jugendliche an Medienanalyse und Quellenarbeit herangeführt werden.

Im Eingangsgebäude des ehemaligen Notaufnahmelagers ist die Ausstellung untergebracht. | Foto: Schilp
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Das neue Konzept der Erinnerungsstätte sieht vor, Bildung und Vermittlung zu stärken. Neben einer archivpädagogisch ausgerichteten Geschichtswerkstatt sind mehrere Workshop- und Planspielräume sowie ein Erzählcafé vorgesehen. Mehr Platz wird es auch für Seminare und andere Veranstaltungen geben. Dafür wird innerhalb des Hauses umgezogen und einiges verändert, Neubauten sind aber nicht vorgesehen.

Weiteres wichtiges Anliegen ist die Barrierefreiheit mit einer neuen Wegeführung durch die Ausstellung und Wenderäume für Rollstuhlfahrer. Eine spezielle Tour für Menschen mit Einschränkungen ist außerdem geplant. Derzeit wird überlegt, was noch möglich ist, zum Beispiel der Einsatz von Gebärdensprache, Einlesen von Texten, Brailleschrift oder einfache Sprache. „Da lassen wir uns von Fachleuten beraten“, so Effner.

Modell der Anlage am Eingang

Schließlich soll auch der Gebäudekomplex selbst mehr Aufmerksamkeit bekommen, ist er doch ein steinerner Zeitzeuge. Deshalb ist es geplant, vor dem Eingang zur Erinnerungsstätte ein großes Modell der Anlage aufzustellen. „Sie ist ja wie eine Wohnsiedlung aufgebaut und die Besucher sollen beispielswese verstehen, warum die Grundrisse so sind, wie sie sind“, sagt Effner.

Wann geht es mit der Umgestaltung los? Die Förderung ist zwar in Sack und Tüten, aber wann das Geld wirklich zur Verfügung steht, ist noch nicht klar. Effner geht davon aus, in diesem Jahr zumindest mit ersten Vorbereitungen beginnen zu können. Sie rechnet damit, dass die Arbeiten rund drei Jahre dauern und es auch eine gewisse Schließphase geben wird. Noch ist aber zu den regulären Zeit geöffnet, nämlich dienstags bis freitags von 9 bis 17 Uhr, am Wochenende von 11.30 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. Mehr zum Programm ist unter stiftung-berliner-mauer.de/de/notaufnahmelager-marienfelde zu erfahren.

Weitere Informationen gibt es zudem telefonisch unter Tel. 213 08 52 10 und über den E-Mail-Kontakt info-enm@stiftung-berliner-mauer.de.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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