"Er war das letzte Maueropfer"
Vor 30 Jahren verunglückte Christoph-Manuel Bramböck

Der 14-jährige Hans-Joachim Bramböck wurde 1990 von herabstürzenden Mauerbrocken erschlagen. | Foto: Jahn
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Die Mauer war seit neun Monaten Geschichte, die Währungsunion hatte stattgefunden, die beiden deutschen Staaten waren auf dem Weg zur Wiedervereinigung. Der Mauertoten wurde in Form von immer mehr Stelen, Kreuzen und Gedenksteinen gedacht.

Das letzte Opfer des „antifaschistischen Schutzwalls“ war Winfried Freudenberg, der am 8. März 1989 einen Fluchtversuch mit dem Ballon unternahm und dabei in Zehlendorf abstürzte. Aber über ein Jahr später, am 31. August 1990, kam es zu noch einem tragischen Unfall, der einen 14-Jährigen das Leben kostete.

Christoph-Manuel Bramböck, geboren am 1. Oktober 1975, war am 31. August 1990 mit einem Freund an der Mauer in Marienfelde unterwegs. Er wollte, wie viele andere, Brocken aus dem Bollwerk klopfen, um sie zur Erinnerung aufzubewahren. Die Mauer bestand in der Höhe des Schichauwegs, anders als in der Innenstadt, aus waagerecht zwischen Pfählen übereinander gesetzten Betonsegmenten. Bei dem Versuch, weiter oben Stücke aus der Mauer zu schlagen, steckte Christoph seinen Kopf durch eine Lücke. Durch die Schläge lockerte sich die oberste Platte und erschlug den Jungen.

Hans-Joachim Jahn wohnt seit 40 Jahren in Marienfelde. Spaziergänge führten ihn regelmäßig an der Grenze zu Brandenburg entlang. „Noch heute komme ich fast täglich auf der Runde mit unseren Hunden an dem ehemaligen Verlauf und an der Unglücksstelle vorbei“, berichtet er. „Der Unfall erschüttert mich immer noch.“ Sein Sohn war damals zwar schon etwas älter als Christoph, aber manchmal denkt er: Es hätte ihn auch treffen können.

Das Tragische: Die DDR-Grenztruppen hatten einen Großteil der Mauer, von Lichterfelde nach Marienfelde, bereits abgebaut und durch einen Metallzaun ersetzt. „Im Sommer 1989 waren sie bis zu der Stelle gekommen, wo sich ein Jahr später das Unglück ereignete“, berichtet Jahn. Er erinnert sich noch daran, dass er um die Mittagszeit die Sirene der Feuerwehr hörte. „Meiner Meinung nach war der Junge das letzte Maueropfer“, sagt Jahn. Wenig später war die Mauer komplett durch den Zaun ersetzt – zu spät für Christoph-Manuel Bramböck. Auch der Zaun verschwand, landete zum Teil in den umliegenden Laubenkolonien und wurde dort verbaut.

Zum 20. Jahrestag des Mauerfalls 2009 stellte die Stiftung Berliner Mauer Informationsstelen für die mindestens 136 Opfer auf. Ein Kreuz und drei Stelen mit einem Porträtfoto, der Schilderung des Unfalls sowie einer Luftaufnahme vom Unglücksort erinnern an Christoph-Manuel Bramböck.

Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

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