Botschafter auf vier Pfoten: Wildschwein „Borst“ liebt Bananen
„Ich glaube, dass er denkt, er ist ein Hund“, sagt Natur-Ranger Björn Lindner, während hinter ihm ein Wildschwein vergnügt durchs Gehege flitzt und mit den Vorderbeinen auf den Zaun springt. „Borst vom Forst“ ist sein Name. Der Keiler wurde in der Naturwacht von Hand aufgezogen und hat sich zum Publikumsliebling entwickelt.
Im Frühjahr 2017 nahm Lindner gerade an einem Wirtschaftstreffen im Rathaus teil, als er plötzlich einen Anruf der Polizei erhielt. Im Industriegebiet Motzener Straße waren Wildschweine gesichtet worden. Als Wild-Experte machte sich der Ranger auf den Weg zum Firmengelände. „Eine Bache hatte dort ihre Frischlinge zur Welt gebracht“, erinnert er sich. Einer von ihnen wurde jedoch zurückgelassen. „Er hatte die Nabelschnur noch dran.“ Normalerweise überlebt ein Frischling ohne die Bache, deren Milch und Wärme keine Nacht. „Das Richtige wäre gewesen, sein Leiden zu beenden“, erklärt Björn Lindner. Nach einem Telefonat mit seiner Familie entschied er sich jedoch dagegen. Gemeinsam hatten sie bereits ein Schaf aufgezogen, also sollte das doch auch mit einem Wildschein möglich sein. Auf dem Gelände der Naturwacht steckte Lindner anschließend ein Gehege ab, in dem das Schweinchen heranwuchs.
„Er ist jetzt auf mich geprägt und würde sich nicht mehr auswildern lassen. Ich habe eine lebenslange Verantwortung für ihn“, so der Ranger. 15 bis 20 Jahre seien für Borst eine realistische Lebenserwartung. Jeden Tag steigt Björn Lindner zu ihm ins Gehege, um ihn zu bürsten und dabei zu untersuchen. Wenn Borst Schutz sucht, schiebt er seinen Kopf zwischen Lindners Beine. „Er ist ein ziemlicher Schisser“, hat der Ranger beobachtet, obwohl der Keiler groß und stark geworden ist und 75 Kilogramm wiegt. „Wildschweine sind hochintelligente, soziale Tiere und absolut anpassungsfähig. Ihre Nase ist das Wichtigste. Sie können besser riechen als ein Hund. Sogar Stimmungen spüren sie. Wenn jemand traurig ist, passen sie ihr Verhalten an.“
Die Kinder finden Borst spannend und besuchen ihn gern, egal, ob er gerade in seiner Suhle döst oder sich bei Läufen durch sein Gehege verausgabt. „Er ist unser Botschafter für Wildtiere“, sagt Lindner. Mithilfe von Borst möchte er Aufklärungsarbeit leisten und die Besucher der Naturwacht am Diedersdorfer Weg über den Umgang mit Wildtieren informieren. „Ich finde das wichtig, denn sie laufen an S-Bahngleisen und Kanälen entlang. Wir teilen uns die Stadt mit ihnen.“
Er selbst lerne ebenfalls dazu, wenn er Borsts Körpersprache und Geräusche beobachtet. „Für verschiedene Situationen hat er verschiedene Laute“, berichtet der Ranger. Unter Begleitung dürften Kinder Borst auch mal berühren. Nur füttern sollten sie ihn auf keinen Fall, wie Lindner betont. Gut gemeinte Essensreste von Brötchen oder Pizza sind schädlich für Wildschweine und absolut tabu. Borst bekommt Pellets mit Mineralien, Getreide, Nüsse und Eicheln, dazu Äpfel, Birnen und Bananen. Speziell letztere entlockten dem tierischen Sympathieträger bei unserem Besuch ein zufriedenes Schmatzen. Wenn im April die neue Saison in der Naturwacht beginnt, darf "Botschafter Borst" auch wieder besucht werden.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.