„Die Firmen sind alle soweit fit“
Unternehmen in der Motzener Straße hoffen, die Corona-Krise gut zu überstehen
Die Corona-Pandemie sorgt für massive Umsatzeinbrüche in der Wirtschaft. Besonders kleinere und mittelständische Unternehmen kämpfen ums Überleben. Den Standort Marienfelde sieht Ulrich Misgeld, Vorstand des Unternehmensnetzwerks Motzener Straße, aber gut gerüstet für die derzeitige Krisensituation.
„Als Industriestandort sind wir natürlich erst mal nicht so sehr betroffen“, sagt er. Die Unternehmen seien aber darauf angewiesen, dass ihre Lieferketten weiter funktionieren. Denn viele der 200 Firmen mit ihren insgesamt 5000 Mitarbeitern, die in der Motzener Straße angesiedelt sind, seien selbst Zulieferer. Eine größere Belastung, so habe er in Gesprächen festgestellt, sei für einige der aktuell erhöhte Krankenstand. Viele Mitarbeiter würden sich bereits bei leichten Symptomen aus Sicherheitsgründen krankschreiben lassen – eine Folge der Unsicherheit, ob diese eventuell doch Anzeichen einer Infektion seien. Ein bestätigter Corona-Fall sei ihm jedoch bisher nicht bekannt. Außerdem seien aktuell einige Mitarbeiter häufiger zu Hause, um ihre Kinder betreuen zu können. Eine Umstellung auf Homeoffice sei im Gegensatz zum Dienstleistungssektor hier jedoch oft nicht möglich. „Die Produktion ist für Homeoffice leider nicht geeignet.“ Dennoch könnte durch Corona eine beschleunigte Digitalisierung die positive Folge sein. „Jedes Unternehmen sieht ja, was alles auf einmal möglich ist“, so Misgeld.
Besorgt waren viele Unternehmen, als kurzzeitig eine mögliche Ausgangssperre diskutiert wurde. Ein kompletter Produktionsstopp wäre eine Katastrophe gewesen. Da diese jedoch abgewendet werden konnte, blickt Ulrich Misgeld optimistisch voraus. „Ich glaube, die Firmen sind alle soweit von ihrer Kostenseite her fit, dass sie auch temporäre Einschränkungen wie eben mal Auftragsverschiebungen oder einen Monat mit 15 Prozent niedrigerem Umsatz in der Regel verkraften können“, meint er. Unternehmer müssten allerdings immer eng die Hand am Puls ihrer Firma haben, um rechtzeitig reagieren zu können, zum Beispiel hinsichtlich Kurzarbeitergeld. Sorge habe er nur, ob Liquiditätshilfen wie gewünscht funktionieren. Große Unternehmen beschäftigten für solche Belange ganze Abteilungen. Bei kleineren Betrieben habe er etwas Angst, dass diese am bürokratischen Aufwand scheitern und dadurch vielleicht in Schwierigkeiten geraten.
Durch die IHK sind alle gut informiert
„Wir verhandeln jetzt schon mit Banken um Tilgungsaussetzung – und zwar frühzeitig, bevor es losgeht“, berichtet Thomas Dreusicke, der Geschäftsführer von INDIA-DREUSICKE. Sein Unternehmen fertigt seit 1996 in Marienfelde und stellt unter anderem Lenkerteile für Sportwagen, Backausstechformen und Gehäuse für die „Fritzbox“ her. Über die Industrie- und Handelskammer seien Firmen sehr gut informiert. Dort gebe es ein „Corona-Einsatzteam“, das Links mit allen wichtigen Hinweisen bereitstellt. Für Liquiditätshilfen könnten sie sich an die Investitionsbank Berlin wenden.
Bei INDIA-DREUSICKE sind die Auswirkungen der Pandemie bislang kaum zu spüren. Es seien keine Aufträge storniert, sondern lediglich verschoben worden, erzählt der Geschäftsführer. Diese würden einen Umsatzanteil von zehn bis 15 Prozent ausmachen. Die vollautomatische Fertigung könne ohne Einschränkungen weiterlaufen. Auch die rund 100 eigenen Angestellten sowie 30 Zeitarbeiter in der Unternehmensgruppe können normal zur Arbeit kommen. Zwei Arbeitsplätze seien dahingehend umgestaltet worden, dass zwischen den Mitarbeitern ein Abstand von mindestens zwei Metern eingehalten werden kann. An allen Ausgängen in der Produktion wurden Desinfektionsmittelspender angebracht, am Wareneingang darüber hinaus eine Plexiglasscheibe als „Hustenschutz“. Insgesamt gibt sich Thomas Dreusicke entspannt: „2020 wird sicher kein Rekordjahr. Wenn man aber mit einem blauen Auge davonkommt, ist es eigentlich schon ein sehr gutes Zeichen.“
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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