Gewerbemieter klagt: "Bezirk lässt mich im Stich"

Abdul Hage-Khalil versteht nicht, warum er vom Hof geklagt wurde. Ein anderer Kfz-Betrieb ist inzwischen in seine frühere Werkstatt eingezogen. | Foto: KEN
  • Abdul Hage-Khalil versteht nicht, warum er vom Hof geklagt wurde. Ein anderer Kfz-Betrieb ist inzwischen in seine frühere Werkstatt eingezogen.
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Moabit. Laut Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vom März 2014 soll das Bezirksamt die Gewerbemieter des Schultheiss-Areals unterstützen, sei es bei Mietzahlungen oder bei der Suche nach neuen Räumen. Geschehen ist bislang nichts.

Abdul Hage-Khalil ist 56 Jahre alt. Seit 1989 hatte der Familienvater seine Autowerkstatt auf dem Schultheiss-Gelände. "Wir konnten von meinem Betrieb gut leben", erzählt der Kfz-Meister, der mit Frau und vier Kindern in Moabit lebt. Hage-Khalil hat einen großen Kundenstamm. Die Zwangsverwaltung des ehemalige Brauerei-Standorts und den Besitzerwechsel hat der Deutsch-Palästinenser überstanden. Als der frühere Eigentümer, die Berliner Unternehmerfamilie Franke, pleiteging und der Insolvenzverwalter neue Mietverträge mit einmonatiger Kündigungsfrist vorlegte, hatte Hage-Khalil wie alle anderen 65 Mieter unterschrieben. "Ich hatte gerade für 60.000 Euro eine Lackierkabine angeschafft." In den darauffolgenden zehn Jahren geschah nichts mit dem Areal. Nur der Besitzer wechselte ein weiteres Mal. "Ich habe nicht mehr daran geglaubt, dass gebaut wird", so Hage-Khalil.

Jetzt aber fühlt er sich "vom Hof gejagt" und "kalt abserviert". Die High Gain House Investments (HGHI) kündigte ihm zum 30. Juli 2014 mit der Begründung, bauen zu wollen. Khalil widersprach. Zwar ließ der Investor bei seinem langjährigen, zuverlässigen Gewerbemieter der Form halber nach den entstehenden Kosten bei einem Umzug fragen - Khalil errechnete einen Bedarf von 50.000 Euro - schickte aber sofort die Räumungsklage hinterher. "Alles rechtens", urteilte am 1. Dezember das Berliner Landgericht. Der eigentliche Skandal liegt für den Kfz-Meister Hage-Khalil aber woanders. Nur einen Tag, nachdem er seine Werkstatt ausgeräumt hatte - vieles musste er verschrotten oder weit unter Wert abgeben -, zog ein anderer Automechaniker ein.

"Über kurz oder lang werden alle bisherigen Gewerbemieter dem Projekt zum Opfer fallen", urteilt Frank Bertermann (Bündnis 90/Die Grünen), der Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses von Mitte. Das betreffe auch die Gaststätte "Sudhaus". Dem Bezirksamt wirft Bertermann vor, seit Jahren tatenlos zugesehen zu haben und trotz BVV-Beschluss planlos und untätig geblieben zu sein. "Wir hatten das Thema kürzlich im Ausschuss. Die Performance von Stadtrat Carsten Spallek und Ertogrul Tolan von der Gewerbeberatung war unterirdisch", so Frank Bertermann. Vom Bezirksamt war bis Redaktionsschluss niemand zu einer Stellungnahme bereit.

Es vergeht kein Tag, an dem Abdul Hage-Khalil nicht nach Räumen für eine Werkstatt sucht - in ganz Berlin. Von der bezirklichen Wirtschaftsförderung, bei der er einen Antrag auf Hilfe im Härtefall gestellt hat, fühlt er sich allein gelassen. Seit Wochen lasse eine Antwort der Behörde auf sich warten. Hage-Khalil lebt nur noch vom Ersparten.

Karen Noetzel / KEN

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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