Teilerfolg für Mieter der Calvinstraße 21
Landgericht erklärt Modernisierungsankündigung für formal unwirksam
Eine für Mieter interessante Gerichtsverhandlung hat am 4. Juni vor dem Landgericht Berlin stattgefunden. Verhandelt wurde die Duldung von Modernisierungsarbeiten am Wohnhaus Calvinstraße 21.
Der seit 13 Jahren schwelende Streit zwischen der Eigentümerin der „Calvin 21“, der Terrial Stadtentwicklungs GmbH, und Mietern ist als Beispiel für rüde Verdrängungsversuche über die Stadtgrenzen hinaus bekannt geworden. Erinnert sei nur an das Zumauern von Fenstern zu Küche und Bad in der Wohnung einer Mieterin vor zehn Jahren.
Aktuell ging es um Modernisierungsmaßnahmen, die die Terrial GmbH am 28. Dezember 2018 angekündigt hatte, und die am 1. September 2019 beginnen sollten. Aber erst im Juli 2019 hatte die Terrial bei der Bauverwaltung einen Antrag auf Genehmigung der Modernisierung gestellt. Seit dem 16. Dezember 2018 liegt das Haus in einem Milieuschutzgebiet. Das Bezirksamt bewilligte die Modernisierung am 22. Oktober 2019.
Das Ehepaar Czapara, eine der verbliebenen vier von einst 15 Mietparteien im Haus, verweigerte mit Verweis auf den eintretenden Härtefall ihre Zustimmung zur Modernisierung. Die Nettokaltmiete sollte sich von monatlich 378,50 Euro auf 760,92 Euro, also um mehr als 100 Prozent, erhöhen.
Dann begannen Anfang April ganz unvermittelt und in der Hochzeit der Corona-Pandemie die Bauarbeiten: die Entkernung der leerstehenden Wohnungen. Die alten oder schwerkranken Mieter müssen Lärm und Staub ertragen. Als Roman Czapara die Presse informiert, erhält er am 29. April die fristlose Kündigung.
Der Vorsitzende Richter am Landgericht hat die Modernisierungsankündigung formal für unwirksam erklärt. Als Begründung nannte der Richter unter anderem, dass die Ankündigung mehr als acht Monate vor dem geplanten Baubeginn ausgesprochen worden sei. Außerdem habe zum Zeitpunkt der Ankündigung noch gar kein Antrag beim Bezirksamt vorgelegen.
Die Rechtsanwältin der Terrial Stadtentwicklungs GmbH hat die Klage zurückgezogen. Der Rechtsvertreter der Czaparas willigte ein. Die Gerichtskosten trägt die Terrial.
Indes gehen die Bauarbeiten nahezu unvermindert weiter. Und das, obwohl eine andere Mietpartei dagegen vor Gericht eine einstweilige Verfügung erwirkt hat. Der im August 2019 ausgebaute Aufzug im Haus ist immer noch nicht ersetzt worden, obwohl das eine im November gefällte Gerichtsentscheidung vorschreibt.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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