Schutz vor Luxussanierung und Umwandlung: Stadtentwicklungsstadtrat Gothe setzt auf Milieuerhalt
Moabit. Am 4. Januar ist ein weiteres Obdachlosenheim im Bezirk eröffnet worden; für Stadtentwicklungs- und Sozialstadtrat Ephraim Gothe (SPD) ein Indiz für den wachsenden Druck auf dem Wohnungsmarkt.
„Als für Soziales zuständigem Stadtrat wird mir deutlich, dass die schwächeren Akteure am Wohnungsmarkt, Personen mit Mobilitätseinschränkungen, Alleinerziehende, Flüchtlingshaushalte, kinderreiche Familien, zunehmend Schwierigkeiten haben, adäquaten Wohnraum zu finden“, so Gothe bei der Eröffnung des Obdachlosenheims mit 59 Übernachtungsplätzen an der Seestraße in Wedding.
Ephraim Gothe setzt, ganz im Einklang mit der Landes-SPD, auf mehr öffentlichen Wohnungsneubau und das Instrument des geförderten Wohnungsbaus. Mittes Stadtentwicklungsdezernent will „mit starken Partnern“, mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften, mit Genossenschaften, gemeinnützigen Stiftungen und weiteren „nicht renditeorientierten Akteuren des Wohnungsmarktes“ die Lücke im Wohnungsmarkt in Mitte schließen. „Ziel ist es, im ganzen Bezirk möglichst viele Wohnungen langfristig einer sozial ausgerichteten Mietenpolitik unterwerfen zu können, die über die gesetzlichen Regelungen des Mieterschutzes hinausgehen.“
Es gibt Kritiker dieser Strategie. Kaum eine Kommune habe Geld und Sachverstand für Bau, Verwaltung und Pflege von Zigtausenden günstigen Wohnungen, die sie zudem kaum wirtschaftlich betreiben könnte, sagt etwa der Volkswirtschaftler und Journalist Daniel Mohr. Schuld an knappem Wohnraum und steigenden Mieten sei die Politik, die durch immer strengere Bauauflagen, etwa zur Energieeffizienz, die Schaffung neuen Wohnraums verteuere.
Ephraim Gothe betont hingegen, dass die sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften gehalten seien, auch bereits bestehende Wohnungen zu erwerben, „um sie einer sozial ausgerichteten Mietenpolitik unterwerfen zu können“. Gothe denkt an die rund 4 000 Wohnungen des Bundes. Im Bezirk Mitte sind bereits 26 471 Wohnungen im Besitz der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften.
Ein weiteres Instrument mit Wirkung ist für Mittes Bezirksstadtrat der Milieuschutz. In Moabit sind bislang zwei Kieze zu sogenannten sozialen Erhaltungsgebieten erklärt worden, die Gebiete „Birkenstraße“ und „Waldstraße“. Weitere befinden sich in der Prüfphase. In einem Milieuschutzgebiet könnten Haushalte und Bewohner vor Luxusmodernisierung und Umwandlung in Eigentumswohnungen geschützt werden, sagt Ephraim Gothe.
Das sehen Hauseigentümer und Immobilienmakler freilich anders. Wer den Einbau von Gäste-WCs, Doppelwaschbecken, Balkonen, Aufzügen oder Fußbodenheizungen verbiete, zementiere soziale Verhältnisse und entwickle Quartiere nicht weiter, wettert beispielsweise Jürgen Michael Schick vom Immobilienverband Deutschland. Besser sei es, sozial schwache Familien mit mehr Wohngeld zu unterstützen.
Als Negativbeispiel des Milieuschutzes führt die Eigentümerseite gerne das Stuttgarter Stadtgebiet Heslach an. Es wurde 1990 als soziales Erhaltungsgebiet festgelegt mit der Folge, dass Vermieter immer weniger investierten. Ein gutes Jahrzehnt später wurde festgestellt: 25 Prozent der Gebäude waren mittel bis stark sanierungsbedürftig.
Dass die Wohnungssituation in der Hauptstadt so angespannt ist, führen Experten auf den starken Zuzug zurück. Zwischen 2010 und 2016 seien 240 000 Einwohner hinzugekommen, vermerkt das Institut der deutschen Wirtschaft in einer Studie. Zudem habe die Kaufkraft der Bürger mit den steigenden Preisen nicht mithalten können. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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