Zenit überschritten: In der Levetzowstraße ist ein Kahlschlag der Kastanien nicht nötig
Wolfgang Leder gibt den 116 Kastanien in der Levetzowstraße noch höchstens acht bis zehn Jahre. Bei einer öffentlichen Begehung mit Anwohnern erläuterte der oberste Straßenbaumpfleger im Bezirk Mitte warum.
Organisiert hatte die Veranstaltung am 18. November die Bürgerinitiative „Kastanienfreunde“ mit ihren Sprechern Sabine Bechinger und Stefan Zobel. Sie ist im Mai aus einer Initiative von Mitgliedern der SPD Alt-Moabit hervorgegangen, versteht sich aber als überparteilich. Die Bäume, die auf dem grünen Mittelstreifen der Levetzowstraße stehen, seien damals zu eng und nicht, wie es sich gehört, gegeneinander versetzt gepflanzt worden, sagt Fachmann Wolfgang Leder. Ende der 50er-, Anfang der 60er-Jahre soll das gewesen sein. Etliche Kastanien wurden später nachgepflanzt. Leder: „Aber die wachsen nicht wirklich“ in dem mit Kies, Leitungen und Einbauten vollgestopften Boden.
Die Kronen vieler Kastanien seien „vergreist“. Die Miniermotte wüte ohnehin. Darüber hinaus vertrügen sich Kastanien und Streusalz einfach nicht. Die Stadt müsse im Winter eben funktionieren, sagt Wolfgang Leder. Zuletzt sei da noch der Zunderschwamm, ein Baumpilz, der gerne geschwächte Laubbäume befällt. Über Ast- und Stammwunden dringt er in seinen Wirtsbaum ein und verursacht im Kernholz des Stammes Weißfäule. Dem befallenen Baum sei dann nicht mehr zu helfen, so Wolfgang Leder.
Baumpfleger Leder kritisiert das Land Berlin. Seit zwei Jahrzehnten gebe Berlin immer weniger Geld für die Baumpflege aus. Je mehr das Land Berlin seine Grünanlagen „vergammeln“ lasse, desto teurer werde es. Maßnahmen, die zum Erhalt der Kastanien in der Levetzowstraße beigetragen hätten, hätten bereits vor 20 Jahren beginnen müssen. „Heute haben sie ihren Zenit überschritten.“
Ein Trostpflaster ist Wolfgang Leders Mitteilung, die Kastanien würden nicht sofort und alle gefällt werden. Werde es notwendig, geschehe das in Etappen. Eine Nachpflanzung erfolge übers Jahr. Das Grünflächenamt werde die Kastanien bis dahin pflegen, so weit es die finanziellen Mittel zuließen, und „zu Ende leben lassen“. Aber die Entwicklung der Bäume sei nicht vorhersehbar, so Wolfgang Leder. Baumpflege heißt im Bezirk Mitte: Der Fachbereich nimmt sich alle fünf Jahre die Bäume einer Straße vor.
Mittes oberster Straßenbaumpfleger richtet den Blick in die Zukunft. Für die spätestens in einer Dekade notwendige Neubepflanzung der Levetzowstraße eignen sich beispielsweise Ulmen sehr gut. Die Fachleute vom Bezirksamt Mitte würden sie 1,2 Meter von der Straße weg, im Abstand von zwölf Metern und gegeneinander versetzt pflanzen.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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