Der "Bildungsverbund Moabit" zieht eine erste Bilanz
Claudia Mendelson, Fachleiterin für den naturwissenschaftlichen Bereich an der Carl-Bolle-Grundschule, sagt es ganz direkt: "Es geht um die Kinder." In Moabit kommen viele von ihnen aus sozial schwierigen Verhältnissen. Eine Zahl verdeutlicht das: 60 Prozent der Schulkinder sind von der Lernmittelzuzahlung befreit. Und es gehe darum, so Mendelson, bildungsbewusste Eltern in dem immer noch als "Schmuddelkiez" verschrienen Ortsteil zu halten.
Dafür müssen die ansässigen schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen, ihre Profile und Vorzüge besser bekannt gemacht werden. Aus einem Kindertagesstätten-Netzwerk und einem Schulleiter-Treffen ist 2012 der Verbund entstanden. Beteiligt sind inzwischen die Kurt-Tucholsky-, Carl-Bolle- und Miriam-Makeba-Grundschule, die Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule, die Hedwig-Dohm-Oberschule, acht Kindertagesstätten, elf Kinder- und Jugendklubs, darunter auch der Otto-Spielplatz, die Musikschule "Fanny Hensel", das Paulo-Freire-Institut, die pädagogische Werkstatt "Ein Quadratkilometer Bildung Berlin-Moabit" der Freudenberg-Stiftung und das SOS Kinderdorf Moabit. Kooperationspartner sind unter anderem die Quartiermanagements Moabit-Ost und -West, die Stadtteilbibliotheken, die Volkshochschule und die Elternakademie des Bezirks sowie weitere kulturelle und nachbarschaftliche Einrichtungen und Experten aus den Bereichen Kultur und Naturwissenschaften. So auch Sascha Schneider und Yacine Tessier vom Büro für Kulturangelegenheiten "Kollegen 2,3". Sie sind gerade dabei, auf dem Otto-Spielplatz ein Drumbone, eine aus PVC-Rohren zusammengestecktes Trommel, zu bauen.
Der Verbund hat sich ein Leitbild gegeben, eine Kooperationsvereinbarung getroffen und einen Aktionsplan verabschiedet. Träger und Koordinator des Projekts, das sich aus Mitteln des Bundesprogramms "Soziale Stadt" finanziert, ist das Potsdamer Büro Büttner und Partner. Man dürfe das Lernen nicht alleine den Schulen überlassen, auch nicht Eltern in solchen Stadtteilen wie Moabit, sagt Thomas Büttner. Seit den Anfängen des Projekts sei schon "ganz viel in Moabits Bildungseinrichtungen passiert", so der Koordinator. In sogenannten Bildungsketten von der Kita bis zur Oberschule werden laut Büttner Pädagogen für die Arbeit in Moabit "begeistert und fortgebildet", präsentieren Kinder für Kinder Gelerntes und Eingeübtes in Ausstellungen oder Theateraufführungen. In Lernwerkstätten wird "forschendes Lernen" praktiziert.
Der Otto-Spielplatz macht vormittags naturwissenschaftliche Angebote, die Kindergärten und Grundschulen gerne nutzen. 2013 kamen rund 1600 Kinder ins grüne Paradies zwischen Turmstraße, Ottostraße und Alt-Moabit. Der Fachbereich Kunst und Kultur des Bezirksamts hat schon 2004 das Programm "Kunst in Schulen" aufgelegt. Dabei geht es darum, Schüler für die Kunst zu begeistern und ihre Fantasie zu wecken. "Raus aus dem Boulimie-Lernen", nennt das die Projektleiterin Carola Tinius.
Die Berliner Philharmoniker haben im Rahmen ihres Bildungsprogramms "Education" im September 2013 ein neues Tätigkeitsfeld eröffnet: die "Vokalhelden". In mehreren Stadtteilen Berlins, so auch in Moabit, entsteht ein Chor unter Leitung von Simon Halsey. Höhepunkt und Ziel dieser Unternehmung ist das gemeinsame Musizieren mit den Philharmonikern.
Um eine Fortsetzung des bildungspolitischen Projekts macht sich Thomas Büttner keine großen Sorgen. Ein positives Signal des Quartiersmanagements Moabit-Ost habe ihn erreicht, ebenso von den Schulen im Quartier. Sie wollen den Bildungsverbund Moabit über das "Bonus-Programm" des Landes für Schulen mit hoher sozialer Belastung fortführen. "Jede Schule will 5000 Euro geben", freut sich Büttner.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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