Doppelausstellung setzt sich mit Nationalsozialismus und Rassismus auseinander
Unter reger Beteiligung der Moabiter Öffentlichkeit wurde am Vorabend des Gedenkens an die Pogromnacht am 9. November 1938 im Rathaus Tiergarten eine Doppelausstellung eröffnet.
Mit „Hier dort damals heute“ und „Das Rathaus Tiergarten 1935-1954“ werden zwei Wege aufgezeigt, sich dem Nationalsozialismus und seinem Rassenwahn im Rückblick zu nähern. In „Hier dort damals heute“ setzen sich Jugendliche der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule mit ihrer Herkunft aus türkischen, libanesischen, irakischen und palästinensischen Familien auseinander und suchen nach einem Zugang zu der schwierigen Vergangenheit des Landes, in dem sie leben.
Die Schülerinnen und Schüler des zehnten bis zwölften Jahrgangs reisten nach Israel, um zur Shoah und zum heutigen Zusammenleben von Juden und Palästinensern zu forschen, nach Frankreich und Spanien auf den Spuren jüdischer Emigranten und heutiger Flüchtlinge und schließlich nach Polen, wo die muslimischen Schüler, so eine der jugendlichen Teilnehmer, „hautnah“ Rassismus erleben mussten.
Diese „subjektive assoziative Annäherung“, wie es die grüne Kulturstadträtin Sabine Weißler formuliert, wird im Rathaus mit Texten, Tonaufnahmen und Bildern dokumentiert. „Hier dort damals heute“ ist weniger Ergebnis von Geschichtsunterricht, vielmehr eine Schulung der Menschlichkeit. Unterstützt wurde die „Arbeitsgemeinschaft Erinnern“ der Schule vom Haus der Wannsee-Konferenz, von der Aktion Sühnezeichen und des Vereins „Gesicht zeigen!“.
Eine historische Rekonstruktion im klassischen Sinne sei die Ausstellung „Das Rathaus Tiergarten“, so Weißler in ihrer Eröffnungsrede. Das Mitte Museum hat zum allerersten Mal die Baugeschichte des in den 90er-Jahren unter Denkmalschutz gestellten Rathauses, des ersten in der NS-Zeit errichteten Verwaltungsgebäudes in Berlin, recherchiert und skizziert den Alltag der Bezirksverwaltung Tiergarten während der NS-Zeit. Das Gebäude wurde von 1935 bis 1937 nach Plänen des Berliner Stadtbaurats Richard Ermisch errichtet.
Gezeigt wird die Ausstellung im aus der Erbauungszeit stammenden Dienstzimmer des Bürgermeisters, der dort nicht mehr arbeiten wollte und im Sommer das Zimmer temporär zu einem neuen Raum der Geschichtsvermittlung umgewidmet hat.
Gemeinsamer Ausgangspunkt der beiden Ausstellungen sei der nationalsozialistische „Reichsparteitag“ 1935 in Nürnberg, so Stadträtin Weißler. Mit den dort beschlossenen „Nürnberger Gesetzen“ wurde die Grundlage für die Verfolgung der Juden in Deutschland geschaffen. Antisemitismus war fortan nicht nur legal, sondern gesetzlich verordnet.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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