"Eine Schule ohne Rassismus gibt es nicht"
Paulo-Freire-Berufsfachschule unterstützt Antirassismus-Projekte
Gerade ist an der Berufsfachschule Paulo Freire im Zentrum ÜBERLEBEN die erste Projektwoche im Rahmen der europäischen Jugendinitiative und des entsprechenden Netzwerks „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ zu Ende gegangen. „Die Schüler waren sehr interessiert“, freut sich Marco Hahn. Der Schulleiter der Berufsfachschule in Moabit will das Antirassismus-Projekt bald „stärker angehen“.
Die Berufsfachschule Paulo Freire auf dem Gelände des Gesundheits- und Sozialzentrums Moabit (GSZM) an der Turmstraße ist erst seit einem Jahr Teil des Netzwerks. Auch wenn die Schule schon vorher Willkommenskultur gelebt und sich gegen Rassismus engagiert habe, etwa mit der Teilnahme an Gegendemonstrationen zu Kundgebungen rechter Gruppierungen, sagt Marco Hahn. Das Projekt stehe im Einklang mit dem Leitbild des Zentrums ÜBERLEBEN. „Wir wollen Wege in eine menschenwürdige Zukunft eröffnen. Hier haben Rassismus und Ausgrenzung keinen Platz“, so der Schulleiter. Und man unterstütze gerne solche Projekte.
Im selben Atemzug sagt Marco Hahn: „Schule ohne Rassismus ist eigentlich Quatsch. Eine solche Schule gibt es nicht.“ Umso wichtiger sei es also, Rassismus zum Thema zu machen. Denn bedauerlicherweise spiele Rassismus überall auf der Welt eine Rolle, nicht nur in Deutschland. Viele seiner Schüler hätten Ausgrenzung selbst erlebt. Sie fragten sich: Wie können wir uns gegen Diskriminierung, beispielsweise bei unseren Einsätzen in der Klinik, wehren? Wie finden wir einen Arbeitsplatz oder eine Wohnung, wenn doch durch diverse Studien belegt ist, dass ein ausländischer Name hierbei eher schadet?
Auszubildende mit Fluchterfahrungen
Die Berufsfachschule, benannt nach dem brasilianischen Pädagogen Paulo Freire (1921-1997) und mit Geldern der EU und des Senats finanziert, existiert seit 2012. Mit insgesamt 145 Plätzen für die zweijährige Ausbildung in Sozialassistenz mit Schwerpunkt Pflege und in sechsmonatigen Pflegebasiskursen ist die Schule eine vergleichsweise kleine und dazu noch eine ganz besondere Berufsfachschule. Sie ist die einzige Bildungseinrichtung in Trägerschaft einer Organisation, die sich national und international für Überlebende von Folter und Kriegsgewalt einsetzt, die gemeinnützige GmbH „Zentrum Überleben“. Ein großer Teil der Auszubildenden im Alter von 16 bis 45 Jahren hat Fluchterfahrung.
Über das Programm im Rahmen von "Schule ohne Rassismus" an der Paulo Freire entscheiden die Auszubildenden selbst. Für die Themenfindung der Projektwoche gab es eine Vollversammlung in der Turnhalle an der Turmstraße. Referenten der Landeskoordination veranstalteten dann Workshops zu „gewaltfreier Kommunikation“, zu „Vorurteilen und Diskriminierung“ und zu „Rassismus der Alltagssprache“. In Arbeitsgruppen wurden die Workshops weiterdiskutiert, aufgearbeitet und ausgewertet.
Auch Sprache mache etwas mit den Menschen, ist Schulleiter Marco Hahn überzeugt. Aus den Gesprächen der Auszubildenden auf den Fluren der Schule meint er inzwischen herauszuhören, dass sie auf ihre Sprache verstärkt achten.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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