Wohliger Grusel und Arbeitsalltag
Das Berliner Leichenschauhaus in Moabit

In der Birkenstraße 62 liegt die Zufahrt zur Moabiter Gerichtsmedizin. | Foto: KEN
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  • hochgeladen von Josephine Macfoy

Jeden Abend kann man auf irgendeinem Kanal im deutschen Fernsehen einen Krimi sehen. Und in beinahe jedem Krimi kommt eine Szene vor, die im Obduktionssaal der Rechtsmedizin spielt. Den Zuschauer packt wohliges Gruseln. Für andere ist es Arbeitsalltag. Ein Blick auf das Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin.

Zunächst ein schneller Ritt durch die Geschichte. 1811 bekam die Charité das erste Leichenschauhaus Berlins. Ein dreiviertel Jahrhundert später hatte die Gerichtsmedizin ihr eigenes Gebäude in der Hannoverschen Straße 6. Am 1. April 1937 wurde das Gerichtsärztliche Institut des Stadtgesundheitsamtes, das heutige Landesinstitut, auf dem Areal des Robert-Koch-Krankenhauses in Moabit an der Turmstraße ins Leben gerufen. Zwei Jahre zuvor war die Verantwortung für die Gerichtsmedizin von der Polizei auf das Gesundheitsamt übergegangen.

Seziert wurde sowohl in der Hannoverschen Straße als auch in der Pathologie des Moabiter Krankenhauses. Nach der Teilung der Stadt 1948 stand für die Westberliner nur Moabit zur Verfügung. Mitte der Sechziger wurde in der Invalidenstraße 59 ein neues Leichenschauhaus eingeweiht. Es war bis 2006 in Betrieb. Der Bau des Hauptbahnhofes zwang erneut zum Umzug. Diesmal war es eine Rückkehr an die alte Stätte: Turmstraße 21, Haus L. Heute wird das Landesinstitut von Deutschlands bekanntestem Rechtsmediziner, Michael Tsokos, geleitet. Tsokos hat sein Fach als Autor zahlreicher Sachbücher und dank vieler Fernsehauftritte sehr populär gemacht.

Den Begriff Leichenschauhaus sollte man allerdings nicht mehr verwenden, denn Leichenschauen sind nicht mehr öffentlich. So bringen Mitarbeiter des Fahrdienstes des Landesinstituts in den bekannten grünen Spezialfahrzeugen Opfer von Gewaltverbrechen oder Unfällen in hermetisch abgeschlossenen Plastikbehältern diskret von hinten, über die Birkenstraße 62, in die Gerichtsmedizin. Die angelieferte Leiche wird im Annahmeraum registriert, bevor sie in die bis auf minus 20 Grad abkühlbare Kühlkammer verbracht wird. Dort werden auch die verschiedensten Asservate, zum Beispiel chemische Proben, aufbewahrt.

Die Untersuchung einer Leiche, die nicht viel anders abläuft als eine Operation, nur eben post mortem, nehmen immer zwei Rechtsmediziner vor. Alle Erkenntnisse werden penibel protokolliert. Ebenso sorgfältig wird auf Hygiene geachtet. Der Sektionsbereich ist in verschiedene Schutzzonen unterteilt. In jeder Schutzzone tragen die Mitarbeiter andersfarbige Kleidung. Es gibt mehrere Waschbereiche. Alle Instrumente werden mehrmals täglich in automatisch gemischten Spezialfküssigkeiten desinfiziert. Nach der Obduktion wird der Tote zur Bestattung freigegeben.

Auf seiner Homepage führt das Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin an, dass seine Rechtsmediziner im Katastrophenfall, bei einer nicht allzu hohen Opferzahl, auch im Schichtbetrieb arbeiten können. Im Obduktionssaal können fünf Leichensektionen gleichzeitig durchgeführt werden.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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