Mehr Platz für Angeklagte und Anwälte
Neuer moderner Sicherheitssaal auf dem Schlosserhof des Kriminalgerichts Moabit eröffnet
Erstmals wurde im imposanten Gebäudekomplex des Kriminalgerichts an der Turmstraße ein neuer Verhandlungssaal in einen Hof der Kaiserbauten errichtet.
Wo seit Eröffnung des „Königlichen Criminalgerichts“ 1906 die Schlosser ihre Werkstätten hatten, wird jetzt Schwerkriminellen der Prozess gemacht. Als erste verhandelt die 24. Große Strafkammer in dem neuen Sicherheitssaal 142 – der Präsident des Amtsgerichts Tiergarten, Hans-Michael Borgas, nennt ihn wegen seiner Geschichte Schlosserhofsaal – mit sieben Angeklagten, die bei einem Einbruch in die Asservatenstelle des Hauptzollamtes Berlin rund 5,2 Millionen beschlagnahmte Zigaretten und acht Tonnen Wasserpfeifentabak gestohlen haben sollen.
Der neue Sicherheitssaal ist bestens geeignet für derartige Prozesse. Er hat jeweils fünf sich gegenüberstehende Glasboxen für die Angeklagten. Zwischen den zehn Boxen können auf 32 Plätzen die Verteidiger Platz nehmen. In dem neuen Saal gibt es keine Fenster. Für die Zuschauer gibt es nur noch drei Sitzreihen hinter einer Glaswand. Das Landgericht hat erstmals einen Saal in einen Hof bauen lassen. Die Gerichtsbox ist mit modernster Technik ausgestattet. Die Gefangenen können wie in den anderen drei bestehenden Sicherheitssälen im Altbau auch über Gänge und Katakomben direkt aus der Haftanstalt Moabit in den Saal geführt werden, ohne Kontakt zu Zeugen zu bekommen.
Justizsenator Dirk Behrendt (Bündnis 90/Die Grünen) lobte bei der Vorstellung den „sehr schönen Sicherheitssaal“. 5,3 Millionen Euro hat der Saal gekostet. Die Planungen dafür begannen bereits vor vier Jahren, wie Hans-Michael Borgas sagt. Seine Wette, vor dem BER fertig zu werden, habe der Amtsgerichtspräsident verloren. Die Arbeiten hatten sich auch deshalb verzögert, weil die Bauteile per Kran in den Gerichtshof gehievt werden mussten und es wohl auch Unmut gab von Mitarbeitern im Altbau, weil die Box Licht im Hof schluckt.
Im neuen Sicherheitssaal 142 gleich hinter der Haupthalle des Kriminalgerichts soll auch der Prozess gegen acht Männer wegen bandenmäßigen Drogenhandels fortgeführt werden, der wegen Corona und Platzgründen seit letzten Sommer in der Urania stattfand. Die Senatsjustizverwaltung hatte dort Räume angemietet, was mit erheblichem Bewachungsaufwand verbunden war.
Der neue Sicherheitssaal ist dringend nötig, weil wegen steigender Straftaten das Personal an den Gerichten in den vergangenen Jahren „erheblich“ erhöht wurde und es mehr Verhandlungen gibt, sagt Dirk Behrendt. Etwa 700 Anklagen kommen jährlich ans Landgericht. In dem Komplex an der Turmstraße mit insgesamt über 60 Sitzungssälen ist jedoch kaum Platz für Erweiterungen. Es gab laut Justizsenator auch Planungen, einen weiteren Hof zu überbauen. Aber das war zu aufwendig und kostspielig, weil dafür Fernwärmeleitungen hätten verlegt werden müssen. Ein weiterer Saal werde derzeit im Altbau geplant.
Mehr Verfahren mit Sicherheitsverfügung
Hauptnutzer im neuen Sicherheitssaal sind das Kammergericht und Landgericht Berlin, das weiter wächst. Zum Jahreswechsel wurden zwei neue Große Strafkammern aufgemacht, sodass jetzt insgesamt 46 Strafkammern Platz für Prozesse brauchen. Wie Landgerichtspräsident Holger Matthiessen sagt, brauche man dringend neue Sicherheitssäle, weil es immer mehr Verfahren mit Sicherheitsverfügung gibt. Matthiessen Wunsch ist es, „auf dem Campus im Bereich des Parkhauses weitere Sitzungssäle zu errichten“.
Die drei vorhandenen Sicherheitssäle im Altbau aus der Kaiserzeit haben viel mehr Platz für Publikum und sind auch mit Emporen ausgestattet. Der eigentliche Bereich für die Prozessbeteiligten ist in den Altbausälen aber viel kleiner. Der neue Sicherheitssaal 142 ist mit 210 Quadratmetern zwar kleiner, hat aber mehr Platz für die Angeklagten und Anwälte. In den Sicherheitssälen werden teils Verfahren über mehrere Jahre geführt wie die Rocker- oder IS-Prozesse oder aktuell der Tiergartenmord-Prozess.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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