Der Mahner Tucholsky: Mit der SPD auf den Spuren des Dichters und Journalisten
Moabit. Man kann mit Fontane durch Brandenburg reisen, sich in Tübingen auf die Spuren Hölderlins begeben – oder mit Kurt Tucholsky durch Moabit wandern.
Auf einem nach den Worten des SPD-Direktkandidaten Andreas Wiedermann „im Wahlkampf nicht üblichen“ literarisch-historischen Spaziergang zeigte Hans-Günter Mahr seinen und Tucholskys Kiez. Der Journalist und Schriftsteller Tucholsky wurde am 9. Januar 1890 in der Lübecker Straße 13 in einer bürgerlichen jüdischen Familie geboren.
Kurt Tucholsky könne einem gerade in diesen Zeiten einiges geben, meinte Wiedermann und zitierte Erich Kästner: „Ein kleiner, dicker Berliner wollte mit der Schreibmaschine eine Katastrophe aufhalten.“ Insbesondere seit Beginn der 20er-Jahre verteidigte Tucholsky in der „Weltbühne“ die demokratische Verfassung der Weimarer Republik, indem er vor allem Nationalismus, Militarismus und eine korrupte Justiz verurteilte.
Die heutige Situation wollte Wiedermann nicht mit damals vergleichen. Doch Tucholskys Leben zeige „die Ohnmacht, die man als Mensch haben kann, wenn eine Gesellschaft kippt und die Demokratie bedroht wird“. Es sei gut, sich in Wahlkampfzeiten mit Tucholsky als Mahner zu beschäftigen.
„Seinen Star“ Tucholsky hatte Hans-Günter Mahr, selbst ein Moabiter Urgestein, als 15-Jähriger kennengelernt. Ihm ist der pensionierte Kriminalhauptkommissar und stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion in der BVV Mitte ein Leben lang treu geblieben. Als Stationen hatte Mahr den „Ulanenstein“ an der Claire-Waldoff-Promenade, den Fritz-Schloß-Park, das Neue Kriminalgericht in der Turmstraße, den Kriegsgräberfriedhof in der Wilsnacker Straße, die St. Johannis-Kirche und den Kleinen Tiergarten ausgewählt. Der Rundgang endete an Tucholskys Geburtshaus.
Hans-Günter Mahr erzählte von der riesigen Ulanen-Kaserne, auf deren Gelände heute die Zille-Siedlung steht, vom Berliner Barrikadenaufstand 1848, von den Militäreinrichtungen im heutigen Fritz-Schloß-Park und ihrer unrühmlichen Funktion nach dem Attentatsversuch auf Hitler am 20. Juli 1944 und vom „1906 hingestellten“ Gerichtsgebäude an der Turmstraße, das „imposant ohne Ende“ sei.
Er kritisierte die Beisetzung von SS-Angehörigen auf dem Friedhof an der Wilsnacker Straße, dessen bekannteste Grabstätte. Heiteres war auch zu hören, etwa vom Bau der Johannis-Kirche zur Betreuung der angrenzenden Amüsiermeile „durch den Herrn“, vom gescheiterten Versuch einer Seidenraupenzucht hugenottischer Zuwanderer oder von Alt Moabit ohne Bindestrich. Das Ganze wurde passend zum Ort mit Tucholsky-Texten gewürzt. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.