Innehalten und nachdenken
Kunstfestival „Ortstermin“ in Zeiten von Corona
Das deutsche Gesundheitssystem ist bisher nicht überlastet. Die Zunahme an Infektionen hat sich verlangsamt. In der Corona-Krise hat die Diskussion um Lockerungen verhängter Einschränkungen begonnen.
Hotel- und Gaststättengewerbe, die Tourismusbranche und die Kulturszene fordern sie. Andere wollen sie, weil sie ihre Grund- und Freiheitsrechte zu stark beschnitten glauben. In diese Debatte mischt sich nun das Kunst- und Kulturfestival „Ortstermin 20“ mit seinem diesjährigen Motto „Bis hierher und nicht weiter“ ein.
„Inzwischen hat die Realität die 2019 vereinbarte Themenstellung eingeholt und unser aller Bewegungsspielraum ist durch die Covid-19-Pandemie empfindlich eingeschränkt“, so die Kuratoren des Kunstvereins Tiergarten, der das Festival trotzdem vom 28. bis 30. August in Moabit und im Hansaviertel veranstaltet.
Das Festival stehe mit dem Titel „ganz im Zeichen von Reflektion, Innehalten und gesellschaftspolitischen und künstlerischen Positionierungen zu aktuellen Fragen der Zeit“, sagen die Festivalleiterinnen Karen Scheper, Ulrike Riebel und Veronika Witte. „Der Kunstverein ruft zur Auseinandersetzung mit Verboten, zum Aushalten und Verhandeln von Ambivalenzen und zur Wahrnehmung der Freiheit der künstlerischen Meinungsäußerung auf, für die ‚Ortstermin‘ seit jeher mit seinem demokratischen Ansatz eintritt.“
„Bis hierher und nicht weiter“
Der Festivaltitel „Bis hierher und nicht weiter“ suggeriere zunächst eine Grenzsetzung, so die Kuratorinnen. Er sei aber sowohl ein Appell an ein Umdenken, als auch eine Warnung, bestimmte Grenzen nicht zu überschreiten, die den sozialen Frieden, das ökologische Gleichgewicht und das friedliche tolerante Zusammenleben gefährdeten.
Der „Ortstermin“ 2020 mit offenen Ateliers, Ausstellungen, Lesungen, Konzerten, Performances und Kunstaktionen, der inzwischen im 15. Jahr stattfindet, will den Fragen nachgehen, welchen Stellenwert Kunst und Meinungsfreiheit in der heutigen Gesellschaft haben, welche Zeichen die Kunst gegen „Medieneffekte“, Panikmache und Verharmlosung, nationalistischer Zündelei und Ausgrenzung setzen kann – „in Zeiten allgemeiner Verunsicherung“.
Neben lokalen Künstlern hat der Kunstverein zusätzlich in Deutschland lebende Künstler zur Teilnahme an einem Videoscreening mit dem Titel „in between“ aufgerufen. Die von einer Jury ausgewählten Beiträge sollen im Rahmen eines nächtlichen Filmprogramms der Galerie Nord in der Turmstraße 75 gezeigt werden.
Die Eröffnung des Festivals ist für den 28. August, 18 Uhr, vor der Galerie Nord geplant. Es folgen ab 19.30 Uhr weitere Eröffnungen an anderen Orten. Ausstellungen und „offene Ateliers“ können am 29. und 30. August von 15 bis 20 Uhr besucht werden. Das Videoscreening ist vom 28. August bis zum 2. September von Einbruch der Dämmerung an bis 24 Uhr zu sehen.
Für das Videoscreening sind Bewerbungen bis zum 15. Mai möglich. Mehr Informationen dazu gibt es unter www.ortstermin.kunstverein-tiergarten.de.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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