Private Artistenschule „Kulturbremse“ feierte ihr sechsjähriges Bestehen
Moabit. Dreimal bläst Paulina in die Vuvuzela. Dann ist es so weit. Die Jubiläumsshow der Kulturbremse beginnt.
Auf der kleinen Bühne der Artistenschule in der Jagowstraße 29 geschehen vor rotem Samtvorhang die unglaublichsten Dinge. Emil richtet in Sekundenschnelle eine welke Blume auf. Anton und Paul lassen Würfel verschwinden und wieder auftauchen. Seile ver- und entknoten sich. Tom-Tom, ein junger Zauberlehrling, der genau weiß, wo es langgeht, spielt ein Becherspiel, bei dem – anders als auf dem Ku’damm – garantiert jeder gewinnt. In dieser Disziplin vollbringt später Richard Höchstleistungen.
David beherrscht das Element Wasser und kann es sogar in einer Zeitung verschwinden lassen. „The Great Volker“ verheddert sich in einem Kabel oder sägt sich Hände und Arme ab, als wäre es nichts. Ringe verbiegen sich auf wundersame Weise. Ja, ganze Menschen verschwinden in schwarzen Kisten.
Es ist die Stunde der großen Illusion, der atemberaubenden Zauberkunststücke. Die sie beherrschen sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Was sie eint, ist die Begeisterung fürs Zaubern und für ihren Lehrer Norbert Drescher, alias Super Noopy. Mit der Jubiläumsshow feiern sie das sechsjährige Bestehen ihrer Artistenschule unter dem Dach des Vereins Frecher Spatz, einem freien Träger für Kinder- und Schülerläden in Moabit. „Die Kulturbremse ist mein Baby. Es kann schon sprechen und laufen“, sagt Norbert Drescher stolz. Drescher arbeitet seit 2008 als Trainer für Artistik, Akrobatik, Jonglage, Einradfahren, Seillaufen und Zaubern. Zuvor trat der Profi, der seine Ausbildung an der Artistenschule „Die Etage“ in Kreuzberg erhielt, viele Jahre als Artist und Unterhalter im Varieté Wintergarten und im Tivoli auf. Er ging auf Tournee bis nach Israel. Er ist Trainer für Sportakrobatik und Kursleiter für Luftakrobatik.
Super Noopy unterrichtet zurzeit rund 40 Schüler in unterschiedlichen Altersgruppen. Die jüngsten sind drei Jahre alt. Der Stundenplan richtet sich nach den artistischen Fächern, die gewünscht werden. Was sie erreicht haben, dürfen die jungen Artisten auf Straßen- und Sportfesten, bei Shows und auf der eigenen Theaterbühne darbieten.
In der Jagowstraße stehen drei Räume zur Verfügung: ein Luftakrobatikraum, ausgestattet mit einem Trapez, und der Akrobatik- und Theaterraum mit eigener Bühne. Der dritte Raum wird als Zauberraum und Büro genutzt. Für das Training von Flickflack & Co. geht es in eine benachbarte Turnhalle. „Die Artistenschule ist Kulturprojekt und Anlaufpunkt für Flüchtlingskinder in einem“, sagt Kulturbremse-Berater Rolf Netzmann. „Wir sind wie eine Familie.“
Wenn man nach der Faszination fragt, die von diesem artistischen Integrationsprojekt im tiefsten Moabit ausgeht, so heißt die Antwort aller Beteiligter: „Dass es real ist. Man kann etwas mit seinem Körper machen.“ Super Noopy sagt: „Kaum jemand kennt noch Körperbeherrschung.“ So gewinnen seine Schüler neben künstlerischen Fähigkeiten auch Disziplin, Selbstbewusstsein und Geschicklichkeit. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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