Außergewöhnliches Klassentreffen nach 60 Jahren
"Der offizielle Schuleingang war in der Zwinglistraße. Aber dort ist keiner von uns hineingegangen", erinnert sich der pensionierte Versicherungskaufmann. "Wir", das waren gut 30 Jungen der Jahrgänge 1936, 1937 und 1938, die von der achten bis zur zehnten Klasse gemeinsam die Schulbank im Gebäude an der Ecke Turm- und Ottostraße drückten.
"Wir waren eine reine Jungenklasse." Zwar teilte man sich in den Nachkriegsjahren mit den Mädchen ein Klassenzimmer, im Wechsel vormittags und nachmittags, um Heizkosten zu sparen, aber dem weiblichen Geschlecht kam man nicht nahe. Außer es gab Ärger mit den Mädchen. "Die hatten mal das Klassenzimmer nicht ordentlich aufgeräumt." Aber es blieb bei Drohgebärden.
Wenn die Schüler sich ab und zu in die Haare bekamen, war das nie ernst gemeint. "Wir haben uns immer wieder vertragen. Wir hatten keine Taschenmesser in der Hosentasche wie heute. Wir hatten noch Respekt und Ehrfurcht vor den Lehrern.", meint Lothar Siering, der heute in Marienfelde lebt. Nur noch ein einziger Schulfreund wohne in Moabit, sagt Lothar Siering. Die anderen seien über die Stadt verstreut oder lebten in anderen Teilen Deutschlands. Lothar Sierings besten Freund hat es nach der Pensionierung nach Zypern verschlagen. Aber auch er wird am 11. April mit dabei sein, wenn die Ehemaligen die Turmstraße entlang spazieren werden, um in Erinnerungen zu schwelgen. Feiern wollen sie anschließend im Paulaner auf dem ehemaligen Bolle-Gelände.
25 Jahre mussten vergehen, ehe sich die OTZ-Schulabgänger von 1954 zum ersten Mal wiedersahen. Ein früherer Kollege von der Berufsschule hatte Siering auf die Idee mit dem Klassentreffen gebracht. Zum Glück hatte der heute bald 77-Jährige ein Klassenfoto verwahrt, auf dessen Rückseite die Familiennamen der Mitschüler notiert waren. Aber trotzdem brauchte es geradezu kriminalistische Anstrengungen, um die Adressen herauszufinden. "Damals trafen wir uns am Kurfürstendamm. Es waren sogar noch zwei ehemalige Lehrer dabei."
Wieder verstrich ein Vierteljahrhundert bis zur nächsten Zusammenkunft. Doch seither finden die Klassentreffen alljährlich statt. "Es werden immer weniger, die regelmäßig daran teilnehmen", erzählt Lothar Siering wehmütig.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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