"Wir wissen seit langem, dass wir das beste Kino sind"
„Filmrauschpalast“ ist beliebtester Ort für Berliner Cineasten

Sie haben sich ganz dem Filmrausch verschrieben: Arian Berndt und Sophia Derda. | Foto: KEN
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  • Sie haben sich ganz dem Filmrausch verschrieben: Arian Berndt und Sophia Derda.
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Früher war es Heeresfleischerei, später Keksfabrik, noch später ein besetztes Haus. Heute, so hat es das Verbraucherportal Testberichte.de ausgewertet, befindet sich in der ersten Etage des Gebäudes an der Lehrter Straße 35 Berlins beliebtestes Kino: der „Filmrauschpalast“ in der Moabiter Kulturfabrik.

Für Sophia Derda (24) und Arian Berndt (38) wird es ein langer Tag und eine lange Nacht. In der Programmreihe „Bahnhofskino“ werden von 22 bis 4 Uhr drei Trashfilme gezeigt. Arian Berndt muss den neu installierten gusseisernen Kohle- und Holzofen anheizen, damit es die Zuschauer am Abend im Foyer mit Bar und Sitzgruppe und im Kinosaal mit 45 Sitzplätzen angenehm warm haben.

Sophia Derda, Studentin digitaler Medien und Kultur und seit zweieinhalb Jahren dabei, telefoniert unentwegt. Sie will für die Schicht der Sonderveranstaltung fünf Leute zusammentrommeln. Und dann ist da auch noch die erste Teilnahme des Kinos an der Berlinale. In der Festspielreihe „Berlinale goes Kiez“ stehen drei Produktionen auf dem Programm. Internationale Gäste haben sich angekündigt.

Träger des "Filmrauschpalastes" ist der basisdemokratisch geführte Verein „Filmrausch Moabit“. Er hat rund 40 Mitglieder. Alle arbeiten ehrenamtlich, so auch Derda und Berndt, die im Vorstand sind. Während Arian Berndt, der als Kinovorführer sowie als Techniker auf Festivals seinen Lebensunterhalt verdient, seit den 2000er-Jahren im „Filmrauschpalast“ für alles Technische zuständig ist, verantwortet Sophia Derda die Programmgestaltung. Die Filmauswahl trifft sie nach Berlinale-Besuchen, speziellen „Screenings“ für Kinobetreiber und „nach Bauchgefühl“. Einmal im Monat gibt es dazu auch noch eine kleine Abstimmung unter den Vereinsmitgliedern.

Schon oft vor dem Aus gestanden

In diesem Jahr wird das Kiezkino 30 Jahre alt. Bewegte Zeiten liegen hinter ihm. Der Weg führte vom kleinen verlotterten, anarchistischen Wanderkino, das 16-Millimeter-Streifen präsentierte, ständig Existenzsorgen hatte – und „etliche Male davorstand zuzumachen“, so Arian Berndt – zu einem populären Vorführort für Arthouse-, Independent- und Mainstreamfilme; sieben Tage in der Woche, dreimal am Tag. Die Spezialität: alle Filme werden in der Originalversion mit und ohne Untertitel gezeigt.

Diese Besonderheit erklärt nicht allein den wachsenden Zuspruch, den der "Filmrauschpalast" erlebt. „Wir segeln gerade auf einer riesigen Welle“, meinen Derda und Berndt übereinstimmend. Aber das sei eben der Lohn für lange Jahre Arbeit, die jetzt langsam Früchte trage.

Da ist die Projektionstechnik, die mit doppelt so hellem Bild und kräftigerer Tonanlage den kommerziellen Kinos Meilen voraus sei, so Berndt. Da sind die „Specials“, die die 9000 überwiegend jüngeren Besucher aus der direkten Nachbarschaft, aus dem Kiez und aus ganz Deutschland im vergangenen Jahr anzogen, wie die 35-Millimeter-Projektionen etwa von Hubertus Sigerts Dokumentation „Berlin Babylon“ über den Bauboom der Neunziger in der Stadt, das sonntägliche Rendezvous „Double Vision“ mit einem Film-Duo oder der Manga-Monday und das Freiluftkino im Sommer im rückwärtigen Garten.

„Wir wissen schon seit langem, dass wir das beste Kino der Welt sind“, meint Arian Berndt. „Trotzdem hat uns die Platzierung auf Testberichte.de überrascht“, gesteht Sophia Derda.

Jetzt fehlt zum vollkommenen Filmrauschpalastglück eigentlich nur noch die Sanierung der Kulturfabrik. In das Haus der gemeinnützige Berliner Treuhandgesellschaft GSG regnet es hinein. Es wird von einer Taubenplage heimgesucht. „Im Sommer sollen Fassade, Dach und Fenster saniert werden“, sagt Sophia Derda. „Eine komplette Innensanierung mit Entkernung ist geplant“, ergänzt Arian Berndt.

"Filmrauschpalast" in der Kulturfabrik, Lehrter Straße 35, www.filmrausch.de, @394 43 44, info@filmrausch.de.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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