Fritz Teufel, Uschi Obermaier und die Kommune 1 an der Stephanstraße
„Aus dem Hinterhaus kommt Fritz Teufel raus, oft ohne Hemd, immer ungekämmt“, zitiert J.P. Klein-heinrich in „Berlins heimlichen Sehenswürdigkeiten“ Nachbarn der Stephanstraße 60, die über die Kommune I spotteten. Im Jubiläumsjahr der Achtundsechziger kommt der Kiezkompass nur schwer an der politisch motivierten Wohngemeinschaft vorbei.
Kommunarden der ersten Stunde waren Hans Magnus Enzensbergers geschiedene Frau Dagrun und ihre damals neunjährige Tochter Tanaquil, Enzensbergers Bruder Ulrich, auch er ein Schriftsteller, der spätere Industriesoziologe Volker Gebbert sowie Hans-Joachim Hameister, der linksradikale Politaktivist Dieter Kunzelmann als „Chef-Provokateur“, Detlef Michel, Dorothea Ridder, „die eiserne Dorothee“ genannt, die 1975 als Unterstützerin der RAF verurteilt wurde, Dagmar Seehuber und Fritz Teufel.
Als die Kommunarden, die ihr Projekt Anfang 1967 zunächst in Friedenau begonnen hatten, im Spätsommer 1968 in eine leerstehende Fabrik in der Stephanstraße 60, zweite Etage, Quergebäude, zogen, war das Politische schon Sex, Musik und Drogen gewichen. Aber der Leitspruch lautete ja: „Das Private ist politisch“. Die Idee dahinter: Aus der Kleinfamilie entstehe der Faschismus, sie müsse daher zerschlagen werden ebenso wie das Abhängigkeitsverhältnis von Mann und Frau. Kommune sei Arbeit am neuen Menschen, sagte Rainer Langhans vor zwei Jahren in einem Interview. Und: Aus der Privatsphäre, „dieser Mördergrube“, seien alle Kriege entstanden.
Langhans war im März 1967 zur „K1“ gestoßen. Er verliebte sich bei den „Essener Songtagen“, dem ersten Underground-Festival der Bundesrepublik, in das Münchner Fotomodell Uschi Obermaier. Die lebte in der bayerischen Landeshauptstadt in der Künstlerkommune „Amon Düül“ und zog bald nach Moabit. Langhans und Obermaier galten als das Traumpaar der Achtundsechziger-Bewegung. Es galt, das vermeintliche Spießerdeutschland der Nachkriegszeit ordentlich zu provozieren.
Das Medieninteresse an den Kommunarden nahm zu. Die Zwillingsschwestern Jutta Winkelmann und Gisela Getty, beide Regisseurinnen, Fotografinnen, Designerinnen und Schrifstellerinnen, schlossen sich der Kommune an. Auch internationale Stars wie Jimi Hendrix schauten mal in der Stephanstraße vorbei. Uschi Obermaier war begehrt als Covergirl. Der Stern, so wird gemunkelt, habe ihr für eine Reportage und Nackfotos 20 000 D-Mark gezahlt.
Dann war die Luft in der Kommune raus. Ein Kommunarde wurde fortgeschickt. Andere gingen nach und nach von sich aus. Nach einem Rocker-überfall im November 1969 gaben die letzten Kommunarden auf.
Rainer Langhans, inszwischen 77 Jahre alt, lebt heute als Autor, Filmemacher und Schauspieler in München-Schwabing, in einer offenen Beziehung mit vier Frauen; Uschi Obermaier (71) lebt in Kalifornien, hat drei Bücher geschrieben und designt Schmuck.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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