Unwürdiger Zustand: Kritik am Gedenkort auf dem Güterbahnhof Moabit
Vom ehemaligen Güterbahnhof gingen die meisten Transporte ab. Von dort aus wurde die größte Zahl jüdischer Menschen deportiert. Der "Zufuhrweg" von der Quitzowstraße zum Gleis, wo die Züge in den Tod warteten, existiert noch weitgehend im Originalzustand. Auch das Gleis ist noch vorhanden. Es wurde allerdings nach dem Krieg durch neue Schienen ersetzt.
Sowohl für Gottwaldt als auch für den Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, Andreas Nachama, der zum Vortrag in das Dokumentationszentrum an der Niederkirchnerstraße eingeladen hatte, ist der Zustand des Ortes "ungepflegt und eigentlich unbefriedigend". Der etwa sechs Meter breite und 50 Meter lange Weg sei vermüllt, kritisiert Gottwaldt. Schließlich seien von Moabit bis zu 30 000 Menschen deportiert und die meisten ermordet worden.
Die Stiftung Topographie des Terrors hatte 2007 auf dem Gehweg an der Einmündung in die Quitzowstraße eine provisorische Informationstafel installiert. Die Stele war nur als erster Schritt hin zu einem würdigen Mahn- und Gedenkort gedacht. Die Tafel wird heute von Kleidercontainern bedrängt. Geschehen ist nichts. Andreas Nachama: "Ein Discounter und ein Baumarkt prägen die Szenerie."
Nach der Wiedervereinigung war es an dem seit Kriegsende verfallenden Güterbahnhof im Eigentum der Deutschen Reichsbahn der DDR zu starken Veränderungen gekommen. Die Deutsche Bahn verkaufte das Areal. Gewerbe siedelte sich an. Seit dem Aufstellen der Stele streiten sich Bezirk und Senat darum, wer für die Einrichtung eines Mahnorts verantwortlich sei. Sabine Weißler, grüne Kulturstadträtin von Mitte und eigentlich der Auffassung, dass der größte Deportationsbahnhof in Berlin keine bezirkliche Angelegenheit sei, hatte bei ihrem Amtsantritt vor drei Jahren versucht, die Rollenverteilung zwischen Senatskanzlei und Bezirk endgültig zu klären. Das sei nun geschafft. Sie sei "begründet optimistisch", dass es bis 2016 zu einer Neugestaltung des Ortes kommen werde, sagte Sabine Weißler am Rande der Veranstaltung. "So weit waren wir noch nie." Gemeinsam mit einer bezirklichen Kunst-am-Bau-Kommission und einem Expertengremium, dem auch Andreas Nachama angehört, hat die Kulturstadträtin die Modalitäten für einen künstlerischen Wettbewerb zur Neugestaltung des Ortes erarbeitet. Das Land Berlin finanziert die rund 50 000 Euro teure Durchführung des Wettbewerbs, die Stiftung Deutsche Klassenlotterie soll den Bau bezahlen. Einen entsprechenden Antrag hat der Bezirk gestellt. Andreas Nachama zeigt sich "verhalten optimistisch".
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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