Galerie Nord zeigt 800 "anonyme" Zeichnungen
Mit der Schau "Anonyme Zeichner" stellt die Berliner Künstlerin im Grunde alles infrage, was den heutigen Kunstbetrieb ausmacht, ohne dabei in platte Kritik zu verfallen. "Das könnte ich auch gar nicht", stellt Anke Becker klar. Denn sie sei schließlich selbst Teil des Kunstmarkts und auf diesen angewiesen. Aber Fragen stellen, das geht natürlich immer. Zu sehen sind in der Turmstraße derzeit 800 Zeichnungen von Künstlern und "Nichtkünstlern", die Becker aus rund 2500 Einsendungen ausgewählt hat. Im Januar hatte sie per Internet dazu aufgerufen, ihr Zeichnungen zu schicken. Bis auf wenige formale Vorgaben waren die Teilnehmer in ihrer Fantasie völlig frei. Entstanden ist daraus ein buntes Kaleidoskop unterschiedlichster Werke, die Becker an den Wänden der Moabiter Galerie gemeinsam arrangiert hat. Anders als bei "normalen" Ausstellungen hat sie allerdings die Namen der Künstler nicht neben die Werke geschrieben. Auch im zugehörigen Katalog sind zwar die Zeichnungen zu sehen, die Namen der Teilnehmer sind nicht abgedruckt. "Man sollte sich die Kunst anschauen und nicht die Biografien der Künstler", ist Becker überzeugt. Und sie möchte herausfinden, wie sich die Rezeption der ausgestellten Werke verändert, wenn über die Urherber nichts bekannt ist. Die daraus entstandene Schau sieht sie deshalb auch weniger als Ausstellung denn als Installation. Dementsprechend sei sie selbst auch keine Kuratorin, sondern Künstlerin.
Alle gezeigten Werke können schon während der Dauer der Ausstellung von Besuchern zu einem Einheitspreis von 150 Euro gekauft werden. Der Kunstmarkt ist auch Spekulation. "Natürlich sind hier auch Werke dabei, die mehr wert sind oder sein werden", sagt Becker. Aber eben auch solche, für die anderswo niemand 150 Euro zahlen würde. Wird eine Zeichnung verkauft, nimmt Becker sie direkt von der Wand und schreibt den Namen des Künstlers an die leere Stelle. "Das Prinzip kehrt sich so um: Der Künstler ist dann mit seinem Namen vertreten, allerdings nicht mehr mit seinem Bild", erklärt die Künstlerin. Was anderswo untrennbar zusammenhängt, trifft sich in dieser Ausstellung nie.
Ähnliche Konzepte realisiert Becker schon seit 2006, vergleichbare Ausstellungen gab es seither allein in Berlin schon zehnmal. Trotzdem sei jede Schau anders, die Einsendungen würden immer besser. Tatsächlich: Die Schau in der Galerie Nord ist nicht nur als Konzept spannend, sondern beeindruckt auch durch die enorme Qualität und Vielfalt der einzelnen Werke.
Autor:Ralf Liptau aus Tiergarten |
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