Interreligiöser Dialog sorgt für mehr Verständnis
"Wichtig ist, dass wir uns in unseren Gesprächen auf den gemeinsamen Kern unserer Religionen konzentrieren, auf den kleinsten gemeinsamen Nenner", sagt Mahmoud Bargouth, zweiter Vorsitzender des Zentrums für interreligiösen Dialog (ZID) und des islamischen Kulturvereins "Haus der Weisheit" in Moabit. "Wir sind alle keine Missionare, es geht nicht darum, herauszufinden welche Religion am ehesten Recht haben könnte." Sondern darum, ins Gespräch zu kommen und über die jeweils andere Religion zu lernen, um ihre Anhänger besser zu verstehen.Entstanden ist dieser Gedanke vor dem Hintergrund der Anschläge vom 11. September 2001. Das Quartiersmanagement Moabit West hatte damals zu einem "Treffen der Religionsgemeinschaften" eingeladen, mehrere christliche und muslimische Gemeinden trafen sich daraufhin regelmäßig. "Es war erschreckend, wie wenig beispielsweise die Christen über den Islam wussten. Bis dahin hatte man die Religion wahrgenommen, aber kaum darüber nachgedacht", sagt Sven Kirschke, Mitglied der buddhistischen Glaubensgemeinschaft Soka Gakkai International. 2007 gründeten die Gesprächsteilnehmer schließlich den Verein ZID. "Weil wir so auch Projekte beantragen können", erklärt Bargouth. Bis heute sind zahlreiche Vertreter der christlichen und muslimischen Gemeinden in Moabit dabei. Juden und Buddhisten kommen als Einzelpersonen dazu, weil sie in Moabit keine eigenen Gemeinden haben.
Die rund 25 Mitglieder treffen sich seit zehn Jahren nicht nur regelmäßig alle sechs Wochen. Sondern versuchen auch, ihre Gedanken anhand von Projekten nach außen zu tragen. "Wir gehen zum Beispiel in Kitas und Schulen und erzählen über unsere Religionen", sagt Kirschke. "Man kann gar nicht früh damit anfangen. Wenn man den Kindern erst auf der Oberschule von Toleranz und Respekt zwischen den Religionen erzählt, ist das zu spät." Sie hätten schon Situationen erlebt, in denen die Schüler überrascht darüber gewesen seien, dass beispielsweise ein Muslim und ein Jude gemeinsam im Klassenraum standen.
Grundlage aller Diskussionen und Gespräche ist die "Moabiter Erklärung", in der zahlreiche Religionsgemeinschaften in Moabit vor sieben Jahren ihre Grundsätze für ein friedliches und respektvolles Miteinander niedergeschrieben haben. Wer dem Verein beitreten will, muss sie unterzeichnen. Ansonsten gilt aber laut Bargouth: "Jeder ist herzlich willkommen." Nach zehn Jahren gehe es auch darum, "ein bisschen neuen Pep" in die Geschichte zu bringen. Denn dass die Grundidee des Vereins heute noch genau so aktuell ist wie vor zehn Jahren - das zeigt allein ein Blick in die Nachrichten.
Autor:Ralf Liptau aus Tiergarten |
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