Stadtmission eröffnet Hilfsstelle für wohnungslose Kranke
Normalerweise kümmert sich die Deutsche Bahn um Menschen, die an ein bestimmtes Ziel kommen möchten. Im Falle der neuen Ambulanz bei der Berliner Stadtmission stehen nun einmal diejenigen im Mittelpunkt, die eben gerade kein räumliches Ziel haben. Die Gestrandeten also, die sich innerhalb von Berlin ohne Obdach bewegen. Gemeinsam mit Vattenfall hat die Bahn die nötige finanzielle Unterstützung für die Hilfseinrichtung im Stadtmissions-Zentrum in der Lehrter Straße zur Verfügung gestellt. Ab sofort finden dort all diejenigen medizinische Hilfe, die ansonsten durch das Raster der Gesundheitsversorgung fallen. Die Ärztin Jutta Herbst-Oehme, die sich seit acht Jahren ehrenamtlich bei der Stadtmission engagiert, hat - ebenfalls als Ehrenamt - die ärztliche Leitung der neuen Einrichtung übernommen. Zur Seite stehen ihr weitere Ehrenamtliche und eine fest angestellte Krankenschwester.
Zweimal in der Woche, dienstags von 16 bis 20 Uhr und freitags von 8 bis 12 Uhr, werden sie künftig wohnungslose Menschen behandeln. Dazu gehören die Versorgung von infizierten Wunden und Abszessen, die Behandlung von parasitärem Befall und von Infektionskrankheiten. Die Lebenserwartung von Menschen ohne Obdach ist um bis zu 30 Jahre geringer als bei denjenigen mit festem Wohnsitz. Dagegen wollen die Helfer in der Lehrter Straße angehen.
"Dabei ist es besonders wichtig, dass die Versorgung sich auf Leib und Seele bezieht", sagt Stadtmissionsdirektor Pfarrer Hans-Georg Filker. Bei obdachlosen Menschen komme es besonders häufig vor, "dass die Seele einen Knacks bekommen hat". Hier weiterzuhelfen sei eine der grundsätzlichen Voraussetzungen dafür, die Wiedereingliederung in die Gesellschaft überhaupt möglich zu machen. In herkömmlichen Arztpraxen würden wohnungslose Menschen nicht nur wegen des fehlenden Versicherungsschutzes oft abgewiesen, viele Obdachlose würden sich gar nicht erst zum Arzt trauen, weil sie dort durch ihr "Anderssein" sofort auffallen würden.
Der Kabarettist und Arzt Eckart von Hirschhausen hat die Schirmherrschaft für die Ambulanz übernommen. Er hält es "grundsätzlich" für den falschen Weg, medizinische Versorgung von Menschen mit Profitstreben zu koppeln. "Es muss ja mal daran erinnert werden, dass der Name Charité nicht von Shareholder Company kommt, sondern von Barmherzigkeit", sagt er.
Autor:Ralf Liptau aus Tiergarten |
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