Zweitausend Nothilfepäckchen täglich
Berliner Stadtmission hält Kältehilfe aufrecht

Obdachlose sind jetzt noch einsamer auf der Straße. | Foto: KEN
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  • Obdachlose sind jetzt noch einsamer auf der Straße.
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Es ist April. Trotzdem sind die Temperaturen, gerade nachts, noch niedrig. Tagsüber sind die Straßen leer. Ein Virus hat die Stadt lahmgelegt. Sie aber sind noch da, die Menschen ohne Bleibe, die Obdachlosen. Viele von ihnen sind erschöpft, weil sie sich tagsüber beispielsweise nicht in Einkaufszentren oder Bibliotheken aufwärmen können.

Bei der Berliner Stadtmission an der Lehrter Straße endet die Kältehilfe erst zum 1. Mai. Die Betten in der Notübernachtung seien fast jede Nacht komplett von Menschen ohne Obdach belegt, berichtet Stadtmissionssprecherin Barbara Breuer. Damit die Unterstützung trotz Corona funktioniert, passt sich die Hilfsorganisation täglich den neuen Gegebenheiten an. Die Mitarbeiter der Stadtmission sind nach den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts geschult.

„Wir versuchen, die Arbeit in den Notunterkünften mit festen Mitarbeitern und jungen Freiwilligen zu stemmen“, sagt Barbara Breuer. Viele arbeiteten länger als gewohnt. Sie würden von Kollegen aus anderen Bereichen unterstützt. Mitarbeiter, die zu einer Risikogruppe gehören, seien nach Hause geschickt worden. Die Stadtmissionsmitarbeiter schützen sich selbst, indem sie oft Hände waschen, desinfizieren, Handschuhe tragen. Eine interne Pandemie-Steuerungsgruppe der Organisation hält sie auf dem Laufenden. Die Stadtmission steht zudem in stetem Austausch mit der Senatsverwaltung für Soziales, mit dem Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz sowie mit der Gruppe der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege (LIGA Berlin).

Kaum Zeit für Beziehungsarbeit

In der Notübernachtung wurden die Betten auseinander gestellt. Einen Teil haben die Mitarbeiter in andere Räumen gebracht. „In unserer Notübernachtung in der Lehrter Straße nutzen wir jetzt auch einen Seminarraum des Jugendgästehauses zur Übernachtung“, sagt Barbara Breuer.

Wer die Notübernachtung der Berliner Stadtmission in der Lehrter Straße und an anderen Standorten abends aufsucht, wird erst einmal über die Ansteckungsgefahr durch Viren informiert. Vor dem Betreten der Gasträume sind die Klienten angehalten, sich die Hände gründlich mit Wasser und Seife zu waschen, Körperkontakt möglichst zu vermeiden und nur in die eigene Ellenbeuge zu husten und zu niesen. Um die Einhaltung der Regeln wird durch Aushänge in verschiedenen Sprachen gebeten.

Wie in den Schlafräumen steht in den Gasträumen das Mobiliar weit auseinander. Betreten dürfen sie immer nur eine bestimmte Anzahl von Menschen. Auch dort gilt, die Abstandsregel einzuhalten. Nach wie vor werden eine warme Suppe und heiße Getränke gereicht. „Nach dem Essen werden die Gäste gebeten, schlafen zu gehen. Gemeinschaftliche Aktivitäten finden zurzeit nicht mehr statt“, erläutert die Stadtmissionssprecherin. Für persönliche Ansprache und Beziehungsarbeit bleibt kaum Zeit. Für viele sei das frustrierend. Trotzdem: Die Gäste der Stadtmission seien sehr verständnisvoll. Bisher sind in den Einrichtungen der Stadtmission unter Obdachlosen noch keine Corona-Fälle aufgetreten.

Aktion #nothilfeberlin gestartet

Zur Versorgung Obdachloser hat die Stadtmission zusätzlich die Aktion #nothilfeberlin gestartet. Täglich sollen 2000 Nothilfepäckchen, bestehend aus zwei Sandwiches, Obst, einem halben Liter Wasser und einem Müsliriegel oder ähnlichem, gepackt und ausgeteilt werden. Dazu ist in der Cafeteria des Jugendgästehauses an der Lehrter Straße die „Packstation 1“ aufgebaut worden. Acht Ehrenamtliche packen dort unter Einhaltung der Sicherheitsvorgaben die Päckchen. „Die benötigte Ware bekommen wir zum Teil von der Berliner Tafel. Außerdem kaufen wir alles dazu, was noch fehlt“, erklärt Projektleiter Jens-Martin Krieg. Bei ihrem Projekt wird die Stadtmission kostenlos von Gastronomen unterstützt. Das organisationseigene Hotel Albrechthof hat zwei Fahrzeuge zur Verteilung der Nothilfepäckchen zur Verfügung gestellt.

Missionssprecherin Barbara Breuer appelliert an die Bürger, Obdachlosen in dieser für sie noch schwierigeren Zeit fünf Euro statt 50 Cent zuzustecken oder an die Berliner Stadtmission zu spenden. „Obdachlose haben es immer schwerer, Geld zu bekommen. Es gehen kaum noch Menschen vorbei. Die Kulturstätten sind zu und es liegen kaum noch Pfandflaschen herum“, so Barbara Breuer.

Die Nothilfehotline der Berliner Stadtmission unter 0170 814 80 92 ist täglich von 7 bis 13 Uhr besetzt. Mehr Informationen unter www.berliner-stadtmission.de.

Obdachlose sind jetzt noch einsamer auf der Straße. | Foto: KEN
Die Berliner Stadtmission bittet: Gebt statt 50 Cent fünf Euro. | Foto: KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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