Bezirksamt findet in der Sache "Gästehaus Moabit" ein juristisches Schlupfloch
Moabit. Drei Briefe innerhalb von vier Wochen hat Sozialstadtrat Stephan von Dassel (Grüne) an die Bewohner der Berlichingenstraße 12 geschrieben. Der vorerst letzte beinhaltete eine gute Nachricht.
„Sie bleiben alle!“ heißt es im Betreff zur Zukunft des Hauses gegenüber dem Gasturbinenwerk von Siemens. Noch vor wenigen Wochen sah es ganz so aus, als müssten die 32 wohnungslosen Männer zwischen Anfang 20 und 50 Jahren das Wohnheim binnen kurzer Zeit verlassen.
Dem Betreiber des Gästehauses Moabit war vom Eigentümer gekündigt worden. Der neue Mieter wollte für 250.000 Euro das Haus sanieren, um dort bis zu 100 Flüchtlinge unterzubringen. Doch der werde nicht zum Zuge kommen, mutmaßt Stadtrat von Dassel, und die Bewohner, von denen manche schon seit 20 Jahren dort leben, könnten bleiben. Denn die bisherigen Eigentümer – das Haus ist inzwischen schon wieder weiterverkauft worden, an wen, weiß Stephan von Dassel nicht – erfüllen den Mietvertrag nicht. Das Objekt ist nicht frei. „Der neue Mieter wird kalte Füße bekommen, sich auf die Ausstiegsklausel berufen und aus dem Vertrag aussteigen“, meint von Dassel.
Kündigung folgenlos
Lange haben der Sozialstadtrat und seine Kollegen im Bezirksamt überlegt, wie den Männern in der Berlichingenstraße zu helfen ist. Sie sind zu dem Ergebnis gekommen: Die Kündigung des bisherigen Betreibers des Gästehauses habe keine unmittelbaren Folgen für das Wohnrecht der Männer. Am 1. März ist der Betrieb des Wohnheims auf den Eigentümer übergegangen. Das Bezirksamt übernimmt die Kosten, 22,50 Euro pro Tag und Person bei Betreuung, 16,50 Euro, wenn die Männer nicht betreut werden. In diesem Fall organisiert und finanziert das Bezirksamt die Betreuung selbst.
Eigentümer kann auf Räumung klagen
Mittes Sozialstadtrat ist indes klar, dass die Bewohner des Gästehauses Moabit nicht auf Dauer in der Berlichingenstraße bleiben werden. Der Hauseigentümer kann auf Räumung klagen. Es existiert kein Mietvertrag mit den 32 Männern. Doch bis es so weit ist, könnten sechs Monate und mehr verstreichen, sagt Stephan von Dassel. Schließlich sei die Rechtslage „diffus“. Von Dassel will für die Bewohner einen Rechtsschutz finanzieren.
Unabhängig von diesem juristischen Schachzug versucht das Bezirksamt herauszufinden, ob sich nicht das ehemalige Frauenhotel in der Gertrude-Kolmar-Straße als Wohnheim eigne. Zudem ist Sozialstadtrat Stephan von Dassel überzeugt: Die Hälfte der jetzigen Bewohner in der Berlichingenstraße 12 wird im Verlauf des nächsten halben Jahres „irgendwo unterkommen“. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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