Diana Henniges von der Initiative "Moabit hilft!" setzt sich seit Jahren für Flüchtlinge ein
Was war Ihre ganz persönliche Motivation, sich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren?
Diana Henniges: Wir haben doch irgendwie Glück gehabt, im richtigen Land zur richtigen Zeit geboren worden zu sein. Ich bin dankbar, dass es mir immer gut ging. Diese Dankbarkeit ist der Grund, mich für Flüchtlinge einzusetzen.
Wie viel Zeit verwenden Sie auf die Flüchtlingsarbeit?
Diana Henniges: Mal 20, mal 30 Stunden in der Woche. Viele Dinge gehen aber schon ins Private über. Eine Familie bittet mich, ihnen beim Ausfüllen eines Antrags zu helfen. Sie laden mich mit meiner ganzen Familie zu sich nach Hause ein, und wir verbringen den ganzen Tag bei ihnen. Ist das Ehrenamt, ist das Freundschaft? Das weiß man dann nicht mehr so genau.
Wie viele Mitstreiter haben Sie aktuell?
Diana Henniges: Der harte Kern besteht aus 40 Leuten. In der Interessengemeinschaft sind wir bestimmt 300, in der Gruppe, die mal mehr, mal weniger aktiv ist, sind es 500.
Wie sieht die Unterstützung konkret aus?
Diana Henniges: Es gibt Arbeitsgruppen, die Spendenkoordination machen, die den Deutschunterricht gewährleisten oder Feste organisieren. Es gibt Leute, die Ämter aufsuchen, dolmetschen oder Informationen verbreiten. Alles ist möglich - vom Malkurs bis zur Rechtsberatung.
Wo brennt es derzeit am meisten?
Diana Henniges: Wir haben viel mit traumatisierten Menschen zu tun, die wirklich Grausames erlebt haben. Es fehlen Beratungsstellen und Orte, an denen sich die Menschen zurückziehen können. Wir arbeiten deshalb gerade an der Einrichtung eines Flüchtlingscafés.
Wie gut ist die Kooperation mit Ämtern und den Trägern der Heime in Moabit?
Diana Henniges: Die Kooperation ist durchweg gut. Wir kennen aber auch die Unterbringungen und wissen um die desolate Situation. Wir bringen Menschen in Turn- und Traglufthallen unter. Das sind menschenunwürdige Umstände.
Die Traglufthallen auf dem Areal des Poststadions stufen Sie als menschenunwürdig ein?
Diana Henniges: Ich verbringe dort manchmal nur zwei Stunden und habe danach Kopfschmerzen. Diese Unterbringung ist wie ein Helm auf dem Kopf. Diese Menschen verbringen da Tage oder Wochen, bis sie woanders hinkommen.
Wie können die Berliner helfen?
Diana Henniges: Sie können viel machen. Man braucht nur ein Gefühl für Menschen und ein bisschen Geduld. Außerdem brauchen wir Leute, die auf Albanisch, Arabisch oder Serbokroatisch dolmetschen können.
Wie ist die Akzeptanz der Flüchtlinge in Moabit?
Diana Henniges: Durchweg positiv. Moabit ist schon immer bunt und vielfältig gewesen. Ich habe vielleicht ein, zwei Drohbriefe erhalten. Aber das ist nichts im Vergleich zu den Tausenden positiven E-Mails und Anrufen, die wir bekommen.
Was wünschen Sie sich für Ihre Intiative?
Diana Henniges: Ich wünsche mir eine Begegnung mit hauptamtlichen Institutionen auf gleicher Augenhöhe. Ich wünsche mir, dass dieses Belächeln aufhört, nach dem Motto "Das sind ja nur Ehrenamtliche, Rentner und Studenten".
Auf der anderen Seite werden Ehrenamtspreise verliehen.
Diana Henniges: Richtig. Trotzdem werden wir in den Verwaltungen für unser Engagement häufig belächelt. Das ist ein Widerspruch. Wir haben aber durch unsere Arbeit erreicht, dass Bezirksverordnete aktiv für uns arbeiten. Der Bürgermeister und auch der Integrationsbeauftragte sind uns durchaus zugewandt. Es gibt aber immer noch Bereiche der Verwaltung, die uns weniger akzeptieren, obwohl wir ihnen viel Arbeit abnehmen.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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