Hausgemeinschaft in Rathenower Straße 59 fürchtet Verdrängung
„Mitte muss Vorkaufsrecht ausüben“

Schlecht für die Mieter: Das Wohnhaus Rathenower Straße 59 hat durchaus „Aufwertungspotential“, wie es im städtebaulichen Jargon heißt.  | Foto: KEN
  • Schlecht für die Mieter: Das Wohnhaus Rathenower Straße 59 hat durchaus „Aufwertungspotential“, wie es im städtebaulichen Jargon heißt.
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Die Hausgemeinschaft der Rathenower Straße 59 ist bunt. In dem 1958 errichteten sechsgeschossigen Gebäude leben Alte und Junge, Deutsche und Nichtdeutsche, Studenten, Alleinerziehende, Rentner, Singles, Paare und Familien mit Kindern. So unterschiedlich Herkunft und Lebensentwürfe sind, eines eint alle Mieter: die Angst vor Verdrängung.

Das Haus im Milieuschutzgebiet Birkenstraße ist verkauft worden. Die Mieter wussten nichts von den Verkaufsabsichten. Der neue Eigentümer soll aus Moabit stammen und wolle „das Haus im bisherigen Sinne weiterführen“, so soll sich der Alteigentümer gegenüber einem Mieter geäußert haben.

Im „bisherigen Sinne“ bedeutet: Alle notwendigen Reparaturen und Instandsetzungen, die in den vergangenen Jahrzehnten anfielen, wurden maßvoll vorgenommen. Die Mieten blieben so auf niedrigem Niveau. Das Haus verfügt über einen Aufzug. Alle Wohnungen haben Bad, Küche und Zentralheizung. Zwölf der 15 Wohnungen haben einen Balkon zum begrünten Innenhof mit sechs Autoabstellplätzen.

"Wir sind auf niedrige Mieten angewiesen"

Lisa-Marleen B., Sprecherin der Mietergemeinschaft, geht von einer durchschnittlichen Nettokaltmiete in Höhe von fünf Euro aus. „Wir sind auf niedrige, bezahlbare Mieten angewiesen“, schreibt sie für die Hausgemeinschaft in einem offenen Brief an Stadtentwicklungsstadtrat Ephraim Gothe (SPD). „Genau die Klientel, die von Verdrängung durch Luxussanierung und extremen Mietsteigerungen bedroht ist“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Die Mieter der Rathenower Straße 59 möchten, dass der Bezirk Mitte zu Gunsten einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft sein in einem Milieuschutzgebiet anwendbares Vorkaufsrecht für das Wohnhaus mit 15 Wohnungen ausübt.

Petition will
1000 Unterschriften sammeln

Die Zeit drängt, weshalb man sich für den offenen Brief an das Bezirksamt entschieden habe. Parallel dazu wurde eine Online-Petition unter https://bwurl.de/147e eingerichtet. Es bleiben nur zwei Monate, um den Vorkauf zu prüfen und gegebenenfalls auszuüben.

Laut Mietergemeinschaft soll der neue Eigentümer bisher der Aufforderung des Bezirksamtes nicht nachgekommen, die für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung beziehungsweise für das Kaufangebot einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft notwendigen Daten zu liefern. „Offensichtlich soll verhindert werden, die Frist einzuhalten“, mutmaßt Lisa-Marleen B. Die Mieter versuchen nun, selbst so schnell wie möglich diese Daten zusammenzutragen.

Unterstützung durch die Mieter

Das Stadtentwicklungsamt teilt dazu mit, bei Prüfverfahren könne es vorkommen, dass einzelne, für die Vorkaufsrechtsprüfung benötigte Informationen nicht – im erforderlichen Umfang – vorliegen. In solchen Fällen wende sich die Behörde gerne auch zur Unterstützung an die Mieter. Parallel finde eine Prüfung zur Notwendigkeit statt, aus städtebaulichen Gründen das Vorkaufsrecht auszuüben. Es werde der Abschluss einer Abwendungsvereinbarung angestrebt.

Im Schlusssatz des Offenen Briefes der Mietergemeinschaft an Stadtrat Gothe heißt es: „Die Rathenower Straße 59, die quasi alle Voraussetzungen zur Ausübung des Vorkaufsrechts erfüllt, stellt für uns gewissermaßen die Nagelprobe für die Glaubwürdigkeit der Politik dar.“

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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