Milieuschutz – und nun?
Was Mieter und Eigentümer in den Kiezen Thomasiusstraße und Tiergarten-Süd zu beachten haben
Seit dem 16. Dezember vergangenen Jahres sind die Kieze Thomasiusstraße und Tiergarten-Süd sogenannte Milieuschutzgebiete. Aber was bedeutet das im Einzelnen für Mieter und Eigentümer?
„In Milieuschutzgebieten wird die Wohnbevölkerung vor vielen teuren Baumaßnahmen und damit vor Verdrängung geschützt“, erklärt Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD). Denn genau dies – teure Modernisierungsmaßnahmen, Umbauten in einer Wohnung, die Nutzung einer Wohnung für gewerbliche Zwecke oder die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen – hätten zur Folge, dass sich große Teile der angestammten Bevölkerung das Leben in ihrem Kiez wegen steigernder Mietpreise nicht mehr leisten können.
Die Verdrängung alter Milieus hat auch für den Bezirk finanzielle Nachteile. Die bestehende Infrastruktur, also etwa Kitas, Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, Grünflächen, kann nicht so rasch "ausgetauscht" werden wie die Wohnbevölkerung.
Wer als Wohnungseigentümer in den Gebieten Thomasiusstraße oder Tiergarten-Süd sein Bad oder seine Böden modernisieren, einen Balkon anbauen oder einen Aufzug einbauen will, braucht dafür die Genehmigung der Behörde. Genauso antragspflichtig ist der Verkauf eines Grundstücks – der Bezirk hat das Vorkaufsrecht zugunsten landeseigener Wohnungsbaugesellschaften, der Abriss eines Gebäudes, die Verwendung „klassischer“ Wohnungen als Ferienwohnungen oder Büros, die Zusammenlegung von Wohnungen zu einer, die Umwandlung einer Miet- in eine Eigentumswohnung. Ohne Genehmigung der Verwaltung sind nur Reparaturen erlaubt. Wer sich nicht daran hält, dem droht eine Geldbuße in Höhe von bis zu 30 000 Euro. „Alles schützen können soziale Erhaltungsverordnungen aber nicht“, schränkt Stadtrat Gothe ein. Es sei vornehmlich ein Instrument des Baurechts.
"Massiver Eingriff in Eigentumsrechte"
Und es gibt auch andere Meinungen zum Milieuschutz.
In einem im Februar veröffentlichten Gutachten des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zum Milieuschutz in Berlin wird nicht nur festgehalten, dass eine soziale Erhaltungsverordnung, so die Fachbezeichnung für Milieuschutz, „einen massiven Eingriff in die Eigentumsrechte“ darstellt. Sie bevorzuge auch die Mieter in einem solchen Gebiet gegenüber Wohnungssuchenden. Sie seien die „Outsider“, was „enorme gesellschaftliche Fragen“ aufwerfe. Zudem würden Investitionen in den Wohnungsbau, Barrierefreiheit und Klimaschutz sowie die Bildung von Eigentum behindert. Die IW-Gutachter sehen desweiteren finanzielle Risiken für die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, die in Milieuschutzgebieten das Vorkaufsrecht besitzen. Sie kaufen zum aktuellen Marktpreis, halten die Mieten aber konstant. Das führe irgendwann zu wirtschaftlichen Problemen der Wohnungsbaugesellschaften.
Der Bezirk Mitte hat im Stadtteilladen in der Krefelder Straße 1a eine Mieterberatung eingerichtet: für die schon älteren Milieuschutzgebiete Birken- und Waldstraße sowie für die Thomasiusstraße sind die Sprechzeiten montags, 16 bis 18 Uhr, und donnerstags, 10 bis 13 Uhr; für das Gebiet Tiergarten-Süd mittwochs, 16 bis 18 Uhr, und donnerstags 10 bis 13 Uhr; Kontakt außerhalb der Beratungszeiten unter ¿44 33 81 23.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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