Verrottete Teebeutel für die Forschung
Zweite Phase der "Expedition Erdreich" im Kleingarten gestartet

Verrotteter Teebeutel ausgegraben: Luise Ohlmann und Matthias Graf von Kielmansegg starten die zweite Phase der Expedition Erdreich.  | Foto: Ulrike Kiefert
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In einem Kleingarten haben Wissenschaftler nach gut drei Monaten vergrabene Teebeutel ausgebuddelt. Tausende Beutel folgen bis Ende Oktober in ganz Deutschland. Anhand des Zersetzungsgrads analysieren die Forscher die Bodenaktivität.

Der Boden ist sandig, hat einen leicht sauren pH-Wert und eine hohe Zersetzungsrate. „Das weist auf eine hohe biologische Aktivität im Boden hin“, fasst Matthias Graf von Kielmansegg zusammen. Was gut ist, denn wo Bakterien und andere Organismen zahlreich ihre Arbeit tun, bekommen die Pflanzen schnell neue Nährstoffe.

Drei Monate verrottete der Teebeutel zwischen Fenchel, Dill und Rüben

Matthias Graf von Kielmansegg leitet im Bundesforschungsministerium die Abteilung Grundsatzfragen und Strategien. Klingt ziemlich trocken, doch in diesem Fall zeigt sich, wie „lebendig“ Wissenschaft sein kann. Der Mann steht nämlich gerade in Parzelle 19 einer Kleingartenkolonie an der Lehrter Straße. Dort hat Graf von Kielmansegg zusammen mit Luise Ohmann vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle (Saale) zwei verrottete Teebeutel ausgebuddelt. Drei Monate lagen sie zwischen Fenchel, Dill und Rüben acht Zentimeter tief in der Erde. Nicht ohne Grund: Anhand ihres Zustands analysieren die Forscher die Bodenaktivität, den pH-Wert, Bodenfarbe und Bodendichte.

Bürgerwissenschaftler vergruben Teebeutel
an 9000 Standorten in ganz Deutschland

„Expedition Erdreich“ nennt sich Deutschlands bisher größte Citizen-Science-Aktion zur Bodenforschung. Seit April haben zahlreiche freiwillige Teilnehmer – sogenannte Bürgerwissenschaftler – an insgesamt 9000 Standorten Teebeutel eingegraben. In Berlin waren es rund 250 Standorte, wie die Moabiter Kleingartenparzelle, die einer älteren Berlinerin gehört. Dort vergrub Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) im April höchstpersönlich die ersten Teebeutel. Nun, drei Monate später, gilt es, sie wieder aus dem Boden zu holen, um Daten für die Ermittlung des sogenannten Tea-Bag-Index’ und der Zersetzungsrate im Boden zu erheben.

Tea-Bag-Index

Der Tea-Bag-Index ist eine wichtige Kennzahl, denn er zeigt an, wie schnell Bodenorganismen Pflanzenreste abbauen. Dazu wird pflanzliches Material, in diesem Fall Grün- und Rooibos-Tee, gewogen, drei Monate lang im Erdreich vergraben und nach dem Ausgraben erneut gewogen. Aus dem Unterschied zwischen Start- und Endgewicht der Teebeutel lässt sich der Tea-Bag-Index berechnen. Der Grüntee-Beutel im Moabiter Kleingarten hat fast die Hälfte seines Gewichts verloren, der Rooibos-Beutel mit 1,6 Gramm dagegen deutlich weniger. „Wegen seines holzigen Materials ist Rooibos-Tee schwerer abbaubar“, klärt Luise Ohmann auf.

In einigen Wochen wollen die Wissenschaftler erste Zwischenergebnisse der Expedition präsentieren. Im Anschluss an die Auswertung sollen die Daten in nationale und internationale Forschungsprojekte zur nachhaltigen Bodennutzung einfließen. 2021 ist übrigens das Wissenschaftsjahr der Bioökonomie. Auf die Idee mit den Teebeuteln kamen übrigens die Niederländer. 2018 verbuddelten Forscher rund um den Globus etwa 35 000 Beutel Tee. An 570 Standorten auf sechs Kontinenten maßen sie, wie schnell die abgestorbenen Pflanzenteile im Wald abgebaut wurden.

Mehr Infos zur Aktion: expedition-erdreich.de.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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