Kastanien in der Levetzowstraße: Gutachten vor jeder Fällung
Moabit. Nach Kritik der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) will das Bezirksamt Mitte die 145 großen alten Kastanien in der Levetzowstraße nun doch nicht ohne weiteres aufgeben.
„Offensichtlich sieht man die Kastanienallee auf der Levetzowstraße im Bezirksamt jetzt wesentlich differenzierter“, meint der FDP-Fraktionsvorsitzende Felix J. Hemmer. „Man will jeden Baum für sich prüfen und nur dann fällen, wenn die Standsicherheit nicht mehr gewährleistet ist. Das ist grundsätzlich sehr positiv zu bewerten“, sagte Hemmer gegenüber der Berliner Woche.
Das haben die Freidemokraten aus einer Antwort der zuständigen Stadträtin Sabine Weißler (Grüne) auf ihre Große Anfrage zum im August bekannt gewordenen, möglichen Kahlschlag in der Levetzowstraße herausgelesen. Zur Sicherheit brachte die FDP-Fraktion noch einen Dringleichkeitsantrag in die BVV ein. Linke und CDU traten ihm bei. Gegen die Stimmen der AfD wurde der Antrag mit großer Mehrheit angenommen.
Darin wird gefordert, dass das Bezirksamt vor Fällung jeder einzelnen Kastanie in der Levetzowstraße ein detailliertes Gutachten für den jeweiligen Baum anfertigt und veröffentlicht. Sollte es eines Tages zu Nachpflanzungen kommen, muss unter Beteiligung der BVV und der Anwohner ein konkretes Konzept für die gesamte Straße erstellt werden. Im April 2016 gab es nach einer „Holzwiderstandsuntersuchung“ erste Anzeichen, dass es um die Kastanienallee in der Levetzowstraße nicht gut bestellt ist.
Damals standen die Bäume aber noch sicher. Im kommenden Frühjahr werden Mitarbeiter des Grünflächenamtes eine neuerliche Überprüfung vornehmen, dann mit einem moderneren Messgerät, so hoffen sie.
An die Beauftragung eines externen Gutachters denkt Stadträtin Weißler selbst in einem so weitreichenden Falle wie der Levetzowstraße nicht. Zu teuer und unnötig, weil die Bezirksmitarbeiter der Abteilung „Grünunterhaltung“ die notwendige Sach- und Fachkunde zur Begutachtung des Straßenbaumbestandes besitzen, sagt Sabine Weißler. Bekanntlich soll neben der Miniermotte Tausalz am traurigen Zustand der Kastanien schuld sein. Das Bezirksamt habe auf den Winterdienst und die Benutzung von Streusalz keinen Einfluss, sagt Dezernentin Weißler. Schließlich müsse die Stadt auch im Winter „funktionieren“.
Der Bezirk könne nur die Folgen von Streusalz mindern, indem er es regelmäßig aus dem Boden spült. Doch weder hatte das Straßen- und Grünflächenamt bisher das Personal dafür noch die dazu notwendigen rund 30 000 bis 60 000 Euro jährlich. Vielleicht ändert sich das jetzt mit dem neuen Haushalt.
Die Kastanie auf Straßen und Plätzen sieht die grüne Politikerin Sabine Weißler als „Klimawandelverliererin“. Sie altere schnell und bekomme keine schöne Krone, weil ihre Wurzeln zu wenig Raum hätten. Zudem sei die weißblühende Kastanie mit sehr vielen Krankheiten belastet. Das erschwere den Zukauf junger Bäume, so Weißler. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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