Ein Ziegelstein erzählt
Spurensuche an der Lehrter Straße

H(ermann) Bode, Ziegeleibesitzer in Brettin, produzierte Rathenower Ziegel, wichtiges Baumaterial für Berlin.  | Foto: KEN
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  • H(ermann) Bode, Ziegeleibesitzer in Brettin, produzierte Rathenower Ziegel, wichtiges Baumaterial für Berlin.
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Sie steht noch: die alte Mauer aus Backsteinen an der Lehrter Straße. Einst begrenzte sie das Bahngelände, auf dem heute Berlins neues Quartier, die Europacity, emporwächst. Eine banale Ziegelmauer. Na und?

Beim näheren Hinschauen ist allerdings zu entdecken, dass die Mauer beziehungsweise mehr als ein Ziegelstein mit einem Schriftzug versehen ist. Dahinter tut sich eine ganze Bau- und Industriegeschichte auf.

Schauen wir also einen dieser „beschrifteten“ Backsteine genauer an. Stempelartig eingedrückt ist dort zu lesen: „H.Bode-Brettin.Rathenow.“. Es ist der Hinweis auf den Hersteller der roten Backsteine. Es handelt sich um die Ziegelei von Hermann Bode (1831-?) in Brettin bei Genthin. Zugerechnet wurde Bodes Ziegelei der Ziegelindustrie in Rathenow im Elbe-Havel-Dreieck. Hermann Bodes Vater, Johann Friedrich Andreas Bode (1796–1872), ist Ziegelmeister in Rathenow. Später, wohl 1843, erwirbt er die Ziegelei in Brettin. Ziegeleien entstehen immer dort, wo die zur Herstellung der Steine benötigte Tonerde liegt.

Die Bodes sind eine regelrechte Ziegler-, Ziegelmeister- und Ziegeleibesitzerdynastie. Der Vorfahre Peter Bode hatte im 18. Jahrhundert die Rathenower Stadtziegelei gepachtet. Ziegel wurden nur gestempelt, wenn sie verkauft wurden. Der Stempel galt als Qualitätssiegel.

Berlin ist aus dem Kahn gebaut, lautet ein Spruch. Das Baumaterial, und Backsteine waren ein wichtiges, gelangte über Wasserwege in die Stadt. Brettin liegt heute, über die Autobahn, rund 120 Kilometer von Berlin entfernt. Für den Bau eines Berliner Mietshauses benötigte man früher etwa 800 000 Steine. An dieser Zahl wird der riesige Bedarf deutlich. Die Ziegeleien waren im 19. Jahrhundert ein bedeutender Industriezweig im Berliner Umland.

Befeuert wurde die Ziegelbauweise zudem von der Romantik. So erhob etwa der preußische Baumeister, Architekt und Stadtplaner Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) den Ziegelstein zum ästhetischen Prinzip – ganz im Geiste der (Backstein-)Gotik, deren Baumeister aus Mangel an Natursteinen mit den Ziegelsteinen Bewundernswertes schufen. Schinkels Bauwerke prägen noch heute Berlins Mitte.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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