Schiffsunglück auf der Dahme vor 100 Jahren

Das Wrack der Mororfähre "Anna". | Foto: Archiv Langmaack
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Köpenick. Der 23. Juli 1916 war ein schöner Sommertag. Auf dem Langen See nutzten Segler, Wassersportler in den neumodischen Motorbooten und zahlreiche Ausflügler auf Dampfern und Fährbooten den arbeitsfreien Tag. Für 22 Menschen endete dieser Tag in der Katastrophe.

Rund 50 Ausflügler waren mit der Motorfähre „Anna“ auf dem Weg von Grünau zu den Müggelbergen. Nur noch wenige hundert Meter trennten sie vom Ausflugslokal „Schmetterlingshorst“. Da kreuzte der Dampfer „Hindenburg“ den Kurs der „Anna“ und rammte das Motorschiff. Das kleine Boot wurde stark beschädigt und sank, die Fahrgäste landeten im Wasser, 22 von ihnen bezahlten das Unglück mit ihrem Leben.

Das diese längst vergessene Katastrophe wieder publik geworden ist, verdanken wir Heinrich Langmaack vom Heimatverein Köpenick. Der Rentner hatte bei Recherchen zu anderen Köpenicker Themen Zeitungsausschnitte von 1916 gefunden und sich rund zwei Jahre mit dem Unglück auf der Dahme befasst. Heraus gekommen sind eine ausführliche Schilderung des Unglücks und eine Gedenktafel am Seeufer in der Nähe der Unglücksstelle. Für letztere hatte sich der Heimatverein Köpenick eingesetzt. Langmaack hat auch versucht, die Unglücksursache zu ermitteln. Obwohl es bereits eine Woche später einen Lokaltermin auf der Dahme gab, zu der auch der Unglücksdampfer „Hindenburg“ beordert wurde, gibt es aus heutiger Sicht keine wirkliche Klärung der Unglücksursachen. Vermutete zu hohe Geschwindigkeit des Dampfers konnte nicht belegt werden. Der Dampferkapitän Kannwischer hatte, nachdem die Fähre nicht auf seine Hornsignale reagiert hatte, sofort gestoppt. Trotzdem kam es zum Zusammenstoß. Der Dampferkapitän wurde in Untersuchungshaft genommen, einige Tage später freigelassen, dann wieder verhaftet. Vor Gericht erhielt der getötete Schiffsführer des Fährboots die Hauptschuld, der Kapitän der „Hindenburg“ erhielt ein Jahr Gefängnis. Der Unglücksdampfer selbst fuhr noch bis 1957 über Berliner Gewässer.

„Ein Grund für das Unglück dürfte die veraltete Schifffahrtsverordnung von 1896 gewesen sein. Weil seitdem die Anzahl von Sportbooten, vor allem mit Motorantrieb, zugenommen hatte, war bereits 1915 eine strengere Verordnung vorgelegt worden. Weil Wassersportler in mehreren Punkten Widerspruch einlegten, wurde die neue Vorschrift erst nach dem 1. Weltkrieg in Kraft gesetzt", berichtet Heinrich Langmaack.

Im Archiv hatte Heinrich Langmaack einen Zeitzeugenbericht aus der Berliner Morgenpost gefunden. Darin schilderte die 11-jährige Elisabeth Schwersens ihr Erlebnis. Das Mädchen war allein auf Ausflug, sie hatte den heran nahenden Dampfer gesehen. Beim Aufprall stürzte sie ins Wasser, konnte aber an die Spitze des Wracks schwimmen und sich dort festhalten, dann wurde das Mädchen gerettet.

Die Gedenktafel gleich neben dem Eingang zum Wanderstützpunkt „Schmetterlingshorst“ erinnert nun an das tragische Geschehen von 1916. RD

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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