Erinnerung an internierte italienische Soldaten: Zeitzeugen gesucht

Daniela Geppert vom Dokumentationszentrum sucht für die Ausstellung noch Zeitzeugendokumente. | Foto: Ralf Drescher
3Bilder
  • Daniela Geppert vom Dokumentationszentrum sucht für die Ausstellung noch Zeitzeugendokumente.
  • Foto: Ralf Drescher
  • hochgeladen von Ralf Drescher

Niederschöneweide. Während des NS-Regimes gab es Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter, KZ-Häftlinge. Die Schicksale fast aller Opfergruppen wurden seit 1945 aufgearbeitet. Das Schicksal der italienischen Militärinternierten dagegen liegt noch im Dunkeln.

Bis 1943 kämpfte Italien an der Seite Deutschlands und der anderen Achsenmächte gegen die Alliierten. Im September 1943 unterzeichnete Italien den Waffenstillstand von Cassibile und trat aus dem Krieg aus. Rund einen Monat später trat das Land auf die Seite der Alliierten über und erklärte Deutschland den Krieg – mit furchtbaren Folgen für die bereits von deutschen Truppen festgesetzten italienischen Soldaten. Nach einem Führerbefehl wurden sie nicht als Kriegsgefangene, sondern als Militärinternierte geführt. „Sie saßen zwischen allen Stühlen. Viele Deutsche behandelten sie als Verräter. Sie hatten keine Rechte nach der Genfer Konvention und das Internationale Rote Kreuz konnte nichts für sie tun“, erläutert Daniela Geppert vom Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit. Auch dort an der Britzer Straße waren Italiener aus dieser Opfergruppe interniert. Sie wurden ebenso wie viele Zwangsarbeiter in den zahlreichen Rüstungsbetrieben in Schöneweide eingesetzt.

In Sammellagern in Italien wurden die ehemaligen Soldaten vor die Entscheidung gestellt, in der Wehrmacht oder der Waffen-SS zu kämpfen oder in die Internierung zu gehen. Nur wenige der 650 000 italienischen Soldaten in deutscher Hand entschieden sich für den Kampf auf deutscher Seite. „Da die Propaganda die internierten Italiener als Verräter brandmarkte, wurden sie bei der Zwangsarbeit in Berliner Betrieben oft dementsprechend schlecht behandelt“, sagt Daniela Geppert.

Erst im Sommer 1944 besserte sich ihr Schicksal. Vermutlich als Folge der aussichtslosen Kriegslage wurden sie in den Zivilstatus versetzt. Fortan durften sie die Lager in ihrer Freizeit verlassen, es gab Kontakte zur Berliner Bevölkerung und sogar Liebesbeziehungen zwischen Italienern und deutschen Frauen.

„Wir suchen Zeitzeugen, die von solchen persönlichen Beziehungen berichten können. Vielleicht gibt es noch ältere Leser, die in einer der Rüstungsfabriken mit den Italienern zusammengearbeitet haben. Gefragt sind auch Dokumente, die an militärinternierte oder später zivile Italiener erinnern“, sagt Daniela Geppert.

Die deutsch-italienische Historikerkommission hat bereits 2012 empfohlen, eine entsprechende Dauerausstellung einzurichten und dafür das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit vorgesehen. Die Ausstellung soll bis zum Herbst 2016 fertig sein. RD

Wer mit Informationen helfen kann, meldet sich bitte direkt bei Daniela Geppert:  639 02 88 11 oder per E-Mail an geppert@topographie.de.
Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

16 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 262× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 566× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 546× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 963× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.