Haus Hebron zieht an die Hartriegelstraße
Inzwischen sieht man den farblich abgesetzten Gebäuden an der Hartriegelstraße nicht mehr an, dass sich hier einst Garagenhof und Lager der Staatssicherheit befanden. Der alte und solide DDR-Plattenbau wurde in den Neubau einbezogen, jetzt bietet der Gebäudekomplex Platz für 128 wohnungslose Mitbürger.
"Wir beherbergen seit der Gründung 1992 aus dem Leben geworfene Menschen", sagt Haus-Hebron-Geschäftsführer Stephan Ebel. Da die Bewohner noch nicht da sind, hat er Schilder an deren Zimmer angebracht, die etwas zu den Schicksalen erzählen. "Ich war verheiratet und habe zwei Kinder. Der Alkohol hat mich erwischt wie eine Grippe. Dann hat mich meine Frau rausgeworfen. Ich habe versucht, das verkackte Leben mit Schnaps zu betäuben. Aber das funktioniert nicht." Oder: "Ich habe im Kohlebahnhof an der Waage gestanden und Eure Kohle abgewogen. Als der Kohlehandel aufhörte, hat es mir die Beine weggerissen. Ich hab getrunken und alles verloren, Frau, Haus und Garten. Im Haus Hebron hab ich mich wieder gefangen." Die Schicksale sind echt.
Als die Pläne zum Bau der Obdachlosenunterkunft an der Hartriegelstraße öffentlich wurden, gab es Proteste von Anwohnern. Es gründete sich eine Bürgerinitiative. Die findet dass Heim mit seinen 128 Plätzen immer noch zu groß. Ob es im Wohngebiet Probleme geben wird, bleibt abzuwarten. "Unsere Heimbewohner sind in erster Linie selbst Opfer. Sie stehen am Rand der Gesellschaft und werden gelegentlich auch noch beklaut", versucht Stephan Ebel Befürchtungen, von der Einrichtung könnte Kriminalität ausgehen, zu zerstreuen.
Haus Hebron ist zwar Heimat für Obdachlose, aber kein Heim im eigentlichen Sinne. Im Haus werden sozial Gestrandete ohne eigene Wohnung von den Sozialämtern der Bezirke untergebracht. Genau genommen mietet das zuständige Amt vom Heimbetreiber, einer gemeinnützigen GmbH, einzelne Schlafplätze in modernen, einfach möblierten Zimmern. Gekocht wird in mehreren Gemeinschaftsküchen. Drei Sozialarbeiter sorgen sich um die Belange der Bewohner, halten unter anderem den Kontakt zu Ämtern und helfen bei Anträgen. Bis zum Jahresende soll am Zugang zum Heim noch ein Pförtnerhaus gebaut werden, die Fundamentplatte wurde bereits gegossen.
Untergebracht sind die Bewohner in Ein- und Zweibettzimmern, außerdem gibt es zwölf Appartements mit eigenem Bad. Hier können auch obdachlos gewordene Ehepaare unterkommen.
Der Umzug von Adlershof nach Niederschöneweide erfolgt noch im Juni, rund zwei Wochen hat Heimbetreiber Stephan Ebel dafür veranschlagt.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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