Kein neues Zuhause in Sicht
Begegnungsstätte Stille Straße 10 hat immer noch Sorgen
Über eine Spende von 1000 Euro kann sich der Förderverein der Begegnungsstätte Stille Straße 10 freuen.
Zur Verfügung gestellt wird sie ihm von der UTB Projektmanagement GmbH. Die Firma entwickelt berlinweit soziale und gemischte Quartiere gemeinsam mit Genossenschaften sowie sozialen Verbänden und unterstützt dabei Bürgerinitiativen, Vereine und soziale Stiftungen. Als das Unternehmen im vergangenen Jahr sein 25-jähriges Bestehen beging, waren deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgefordert, Projekte zu benennen, die mit einer Spende unterstützt werden sollten. Loxandra Dimakopoulos schlug den Förderverein der Stillen Straße 10 vor. „Ich wohne in der Nähe, und mein Vater spielte hier viele Jahre lang Schach“, sagt die Stadtplanerin, die bei der UTB arbeitet. Weil sie auch von der Geschichte und vom Kampf der Nutzer der Begegnungsstätte für deren Erhalt wusste, war es ihr eine Herzensangelegenheit, dass ein Spendenbetrag an diese Einrichtung geht.
Die Spende komme dem Förderverein sehr gelegen, berichtet Evelin Lämmer vom Vereinsvorstand. Denn der Förderverein plant anlässlich des zehnten Jahrestages der Besetzung der Begegnungsstätte die Herausgabe eines gebundenen Buches. Das soll im Sommer mit dem voraussichtlichen Titel „Die unbeugsamen Alten der Stille Straße 10“ erscheinen. Auf 300 Seiten soll die Geschichte der wohl ungewöhnlichsten Hausbesetzung Berlins erzählt werden.
Am 1. Juli 2012 besetzte aus Protest eine Gruppe von Senioren das Gebäude, das bis dahin kommunale Begegnungsstätte war. Aus Kostengründen wollte das Bezirksamt die viel besuchte Einrichtung dicht machen. Die Gruppen, die sich im Haus trafen, sollten auf andere Begegnungsstätten verteilt werden. Doch die Nutzer wollten als Gemeinschaft zusammenbleiben. Dass sich ältere Menschen mit einer Hausbesetzung für ihre Sache einsetzen, das gab es in Berlin so noch nie. So landete diese Besetzung nicht nur bundes-, sondern sogar weltweit in den Medien. Insgesamt 112 Tage hielten die Besetzer durch. Das Bezirksamt startete währenddessen ein Interessenbekundungsverfahren, um die Einrichtung in freie Trägerschaft zu übergeben.
Geplanter Ersatzbau ist zu teuer
Seit Anfang 2013 hat die Volkssolidarität für die Stille Straße 10, die inzwischen eine „Begegnungsstätte für Jung und Alt“ ist, einen Nutzungsvertrag mit dem Bezirksamt. Das Programm in der Einrichtung wird vom eigens gegründeten Förderverein organisiert. Vorgesehen war seit 2013, dass für die Begegnungsstätte eine neue Immobilie gefunden wird. Denn das Gebäude müsste eigentlich saniert und seniorengegerechter umgebaut werden. Hinzu kommt, dass das Bezirksamt seit geraumer Zeit noch ganz andere Pläne mit dem Grundstück hat. Man möchte auf den Grundstücken Stille Straße 10, 12 und 14 eine Kita sowie einen öffentlichen Spielplatz errichten. Dazu müsste auch das Gebäude Stille Straße 10 abgerissen werden.
Als vor sechs Jahren an der Tschaikowskistraße 14 ein Ersatzgrundstück identifiziert werden konnte, schien alles auf einem guten Weg zu sein. Das betreffende Grundstück wurde von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) an die Wohnungsbaugesellschaft Gesobau übertragen. Vorgesehen war, dass dort Wohnungen sowie Räume für die Begegnungsstätte entstehen. Vor dem Hintergrund der geplanten Kita an der Stillen Straße sowie dem avisierten Umzug an die Tschaikowskistraße erhielt der Träger der Begegnungsstätte bisher jeweils nur eine Verlängerung des Nutzungsvertrages für ein Jahr.
Doch nun gibt es eine neue Situation, berichtet Eveline Lämmer. Das Bezirksamt informierte den Träger und den Förderverein, dass aus dem Vorhaben an der Tschaikowskistraße 14 nichts wird. Der Neubau einer Begegnungsstätte sei inzwischen nicht mehr finanzierbar, heißt es. Das bedeutet für alle Beteiligten: Zurück auf Anfang! Der Förderverein fordert deshalb, dass es nicht immer nur eine Nutzungsvertragsverlängerung um ein Jahr gibt. Mit solch einer kurzen Nutzungsdauer seien nötige Bau- und Sanierungsmaßnahmen kaum zu finanzieren. Dabei habe man, trotz unsicherer Zukunft, in den vergangenen Jahren mit Unterstützung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes schon erheblich in das Gebäude investiert, unter anderem in Sanitäranlagen, Heizung, Fußboden und Treppenlift. Doch für eine weitere Nutzung sind auch weitere Baumaßnahmen nötig.
Programm zum Jahrestag
der Hausbesetzung
Sozialstadträtin Cordelia Koch (Bündnis 90/ Die Grünen) habe inzwischen signalisiert, dass sie sich für einen Drei-Jahres-Vertrag einsetzt. Allerdings muss nun, da ein Umzug an die Tschaikowskistraße nicht möglich ist, eine neue grundsätzliche Entscheidung zur Zukunft der Stillen Straße 10 gefällt werden. Die etwa 200 Mitglieder des Fördervereins der Begegnungsstätte sind nach wie vor bereit, sich mit allen Mitteln dafür einzusetzen, dass ihre Gemeinschaft zusammenbleibt.
Derweil bereitet der Förderverein sein Programm zum zehnten Jahrestag der Besetzung weiter vor. Vom 29. Juni bis zum 6. Juli soll es zahlreiche Veranstaltungen geben. Auf denen wird unter anderem darüber berichtet, wie es mit bürgerschaftlichem Engagement in den zurückliegenden Jahren gelang, die Begegnungsstätte zu erhalten und mit Leben zu füllen.
Näheres zur Begegnungsstätte ist auf www.stillestrasse.de zu erfahren. Dort sind auch alle Informationen zum Spendenkonto zu finden. Denn nach wie vor freut sich der Förderverein über alle Spenden zur Unterstützung der Begegnungsstätte und ihres Programms.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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