Verfall statt Kultur
BVG will einstigen Betriebshof Niederschönhausen als "Reserve" behalten
Seit über 20 Jahren liegt der Straßenbahnbetriebshof Niederschönhausen im Dornröschenschlaf. Eine Anwohnerinitiative hat nun die Idee, ihn in einer Zwischennutzung als „Kulturdepot Nordend“ wachküssen.
In die Straßenbahnhallen könnten Kunst und Kultur Einzug halten. Der Platz vor den Hallen würde sich indes für einen Wochenmarkt und/oder eine gastronomische Nutzung eignen. Aber was meint die BVG dazu, die Eigentümerin der leerstehenden Immobilie ist? Abgeordnetenhausmitglied Torsten Hofer (SPD) fragte beim Senat nach. In der Antwort aus der Senatsverkehrsverwaltung erfuhr er, dass der Straßenbahnbetriebshof keineswegs auf Dauer stillgelegt ist, wie man meinen könnte. „Die BVG hat mir mitgeteilt, dass sie den Betriebshof weiterhin nutzt und ihn für betriebsnotwendig hält“, so der Angeordnete.
Für eine temporäre Nutzung durch Betriebsfremde seien bauliche Veränderungen notwendig. Das müsse aufwändig genehmigt werden, auch hinsichtlich des Brandschutzes. „Alle baulichen Veränderungen müssen über die technische Aufsichtsbehörde zugelassen werden, was eine kurzfristige, temporäre Nutzung ausschließt“, teilt die BVG mit. Den Standort Straßenbahnbetriebshof Niederschönhausen möchten die Verkehrsbetriebe frühestens stilllegen, wenn der geplante Großbetriebshof in Heinersdorf konkrete Gestalt annimmt. So lange will man den Standort Niederschönhausen offenbar als „Reserve“ noch behalten.
Keine Abrissgenehmigung
Das größte Sorgenkind auf dem einstigen Betriebshof ist das Verwaltungsgebäude, das sich neben dem Lidl-Grundstück befindet. Damit das Verwaltungsgebäude an der Dietzgenstraße nicht einstürzt, wurde es im vergangenen Jahr bereits mit einem Schutzgerüst gesichert. „Bereits 2018 hatte die BVG die Statik des Verwaltungsgebäudes untersucht“, berichtet Hofer. „Dabei hat sie festgestellt, dass die Decken durchfeuchtet sind. Ohne Unterstützung drohen sie einzustürzen. Dieser Zustand betrifft alle Ebenen des Gebäudes. Das Haus ist mit Schimmel befallen. Dabei handelt es sich um den echten Hausschwamm, wie ein Gutachten gezeigt hat.“
Eine Abrissgenehmigung für das unter Denkmalschutz stehende Gebäude kann die BVG trotzdem nicht erwarten. Die Untere Denkmalschutzbehörde hat mit Ordnungsmaßnahmen gedroht, falls die BVG nichts gegen den Verfall unternimmt. „Anwohner haben mich bereits gefragt, ob die Einrüstung dauerhaft bleibt oder ob das Gebäude nun saniert wird“, erklärt Hofer. „Auch dazu habe ich Senat und BVG um Auskunft gebeten.“
Weitere Gutachten notwendig
Mit dem Schutzgerüst werde die derzeitige Bausubstanz gesichert, so die BVG. Das Wetterschutzdach stellt sicher, dass die Baukonstruktion durch Regenwasser weniger leidet. Ein erster Erfolg: Im Vergleich zu früheren Begehungen sei das Innenklima spürbar trockener geworden, so die BVG. „Wie es mit dem Verwaltungsgebäude weitergeht, will die BVG mit allen beteiligten Behörden entscheiden, sobald ein finales Konzept vorliegt“, berichtet Hofer.
Laut BVG seien aber noch weitere Gutachten notwendig. So soll das Gebäude auf Schadstoffe und Sanierungsmöglichkeiten untersucht werden. Das betrifft nicht nur das Verwaltungsgebäude, sondern die Liegenschaft insgesamt. „Bauzustandsgutachten sind unbedingte Grundlage für die zu planenden Sanierungsmaßnahmen“, heißt es von der BVG. Ob das Verwaltungsgebäude wirklich gerettet werden kann, lässt sich erst sagen, wenn das Schadensbild genau untersucht wurde. Erkenntnisse, dass das Verwaltungsgebäude nicht instandsetzungsfähig ist, liegen derzeit aber nicht vor. Belastbare Zahlen, was eine Sanierung der gesamten Liegenschaft kosten würde, liegen ebenfalls noch nicht vor. Eine Kostenschätzung sei in der derzeitigen Planungsphase nicht möglich, so die BVG.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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