Bekenntnisgemeinde und "Stille Helden"
Nikolassee. Vor 80 Jahren sorgten die Olympischen Spiele in Berlin für den schönen Schein in Hitlerdeutschland. Dem gegenüber stand die traurige Wirklichkeit der Konzentrationslager. Aber es gab auch Widerstand. Der Regionalforscher Dirk Jordan berichtet in der Broschüre „Bekenntnisgemeinde und Nazirefugium“ über Schlachtensee in den Jahren 1933 bis 1945.
Die Bekennende Kirche (BK) war eine Oppositionsbewegung evangelischer Christen gegen die Versuche einer Gleichschaltung der Deutschen Evangelischen Kirche in der Nazizeit. Sie gründete sich im Mai 1934 in Wuppertal-Barmen als Widerstandgemeinschaft gegen die Deutschen Christen (DK), die sich der Nazi-Ideologie anglichen. Die zweite Bekenntnissynode, auf der sich die BK förmlich konstituierte, fand im Oktober 1934 in Dahlem statt.
Einige führende Vertreter erarbeiteten 1936 zusammen mit ihrem juristischen Berater Friedrich Weißler eine Denkschrift, die sie einige Wochen vor den Olympischen Spielen in der Reichskanzlei übergaben. Sie verteidigen darin die christliche Glaubenslehre gegen das „Positive Christentum“ aus dem NSDAP-Programm und kritisieren, dass „der arische Mensch verherrlicht wird“ und die nationalsozialistische Weltanschauung „zum Judenhaß verpflichtet“. Zu den Rechtsdingen, „die nicht recht sind vor dem Herren“, zählen sie, dass es „immer noch Konzentrationslager gibt und daß die Maßnahmen der Geheimen Staatspolizei jeder richterlichen Nachprüfung entzogen sind“. Hitler hat auf diese Denkschrift nie geantwortet. Friedrich Weißler, der bei den Nazis als „Volljude“ galt, wurde vielmehr ins KZ Sachsenhausen verschleppt und dort 1937 von SS-Wachmannschaften erschlagen.
Unter den leitenden Repräsentanten der BK in Zehlendorf war auch Martin Niemöller, Pfarrer in Dahlem. Die Basis aber waren aktive Gemeindemitglieder. In Schlachtensee wurde diese größtenteils durch Frauen gebildet. Die Gemeindehelferin Hanna Reichmuth spielte eine zentrale Rolle. Sie organisierte Besuchsdienste und Bibelkreise unter den schwierigen Bedingungen der NS-Zeit und grenzte auch die Mitglieder nicht aus, die unter den Nazis als Juden galten. Außerdem übernahm sie geheime Kurierdienste.
In Jordans Broschüre geht es auch um sogenannte Stille Helden. An deren Beispiel wird gezeigt, wie es möglich war, Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft für die Opfer zu bewahren - in „stiller“ Weise. Die Schwestern Gertrud und Margarethe Kaulitz versteckten viele verfolgte Juden in ihrem Haus im Eiderstedterweg 33b und verhalfen ihnen zur Flucht. Lucie Strewe, die in der Spanischen Allee 84 wohnte, unterstützte Widerstandsaktionen und verfolgte Familien. In der Rosenthaler Straße 39 in Mitte gibt es die Gedenkstätte „Stille Helden“. uma
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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