Info-Tafel erinnert an die Geschichte des Sanatoriums Schlachtensee

Dr. Matthias Albrecht vom Krankenhaus Hubertus (links), Bildungsstadträtin Cerstin Richter-Kotowski und Professor Hans H. Lembke beim Enthüllen der Informationsstele. | Foto: Ulrike Martin
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Nikolassee. Am Mittwoch, 6. Juli, wurde eine Informationsstele vor dem evangelischen Krankenhaus Hubertus in der Spanische Allee 10-14 enthüllt. Sie erinnert an das Sanatorium Schlachtensee.

Die Stele, nach einem Entwurf der Künstlerin Karin Rosenberg gestaltet, ist eine von inzwischen 17 im Bezirk. Sie nimmt Bezug auf die wechselhafte Geschichte des Sanatoriums, das sich ab 1898 nahe des Kurhauses Hubertus und der Privatklinik Fichtenberg befand.

Glanzzeit bis 1910

Kurz vor 1900 entstand in Schlachtensee ein Zentrum für Nervenpflege mit den Privatkliniken Fichtenhof, Kurhaus Hubertus und Sanatorium Schlachtensee. Letzteres gewann an Bedeutung, als es um einen großzügigen Neubau an der Viktoriastraße, der heutigen Spanischen Allee, erweitert wurde. Ihre Glanzzeit hatte die Klinik bis 1910. Damals galten Nervenschwäche und Gemütsschwankungen als zeittypisches Krankheitsbild. Vor dem Ersten Weltkrieg wandelte sich das Zeitbild: statt Nervosität war nun Nervenstärke gefragt.

Auch nach dem Krieg war Nervenheilung in stiller Waldlage kaum zeitgemäß. Der Sanitätsrat Otto Juliusberger versuchte mit der Übernahme einen Neubeginn und scheiterte. Der Kaufmann Moritz Mendelson übernahm das Sanatorium. Sein Schwiegersohn, der Neurologe Dr. Ilja Wolpert, wurde ärztlicher Leiter.

Die Judenverfolgung ab 1933 traf Klinik und Familie unmittelbar. Wolpert emigrierte 1934 nach England. Das Sanatorium verwaiste. Die Witwe Rahel Mendelson vermietete einen Teil der Gebäude. So zog Corder Catchpool, Leiter des Internationalen Qäkerbüros in Berlin, in die Nummer 14. Er unterstützte politische Gefangene, unter anderem den Schriftsteller Carl von Ossietzky, geriet in Gefahr und ging zurück nach England.

Das Deutsche Reich enteignete die Familie Mendelson 1943 und wurde zum Besitzer der Sanatoriumsbauten. Das Hygiene-Institut der Waffen-SS zog ein. Die Leitung hatte Dr. Joachim Mrugowsky, der später im Nürnberger Ärzteprozess zum Tode verurteilt und 1948 hingerichtet wurde. Er machte das Institut zu einer Leitzentrale für Menschenversuche in Konzentrationslagern, wie Professor Hans H. Lembke bei der Enthüllung der Stele referierte. „Zuvor waren die Gebäude zu ,räumen‘. Die Volkszählung hatte dort zehn jüdische Mieter registriert“, berichtete Lembke. „Sechs starben nach der Deportation nach Theresiestadt und Auschwitz.“ Die Namen dieser Menschen stehen auf den Stolpersteinen vor dem Pflegeheim an der Spanischen Allee 8-10.

Nach dem Krieg pachtete der Verein zur Errichtung evangelischer Krankenhäuser (VzE) die Gebäude von der US-Militärregierung und erwarb sie nach der Rückerstattung von der Familie Mendelson. 1984 baute der VzE das heutige Hauptgebäude des Krankenhauses. Der Verein ist die Vorgängerorganisation der Paul-Gerhardt-Diakonie, die Träger des Krankenhauses Hubertus ist.

Stele als Marke

„Die Geschichte des Sanatoriums ist jetzt hier nachzulesen, dafür bin ich dankbar“, sagte Lembke. „Wir können die Vergangenheit nicht ändern, aber durch ihre Thematisierung Brücken in die Gegenwart bauen“, ergänzte Dr. Matthias Albrecht, Geschäftsführer des Krankenhauses. „Die Stelen sind ein wichtiger Bestandteil der Erinnerungskultur der dort lebenden Menschen“, sagte Bildungsstadträtin Cerstin Richter-Kotowski. „Sie sind inzwischen zu einem Markenzeichen des Bezirks geworden“. uma

Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

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