Trickdiebstahl in Villengebieten von Steglitz-Zehlendorf nimmt drastisch zu
Zehlendorf. Dahlem, Villenviertel, Einfamilienhaus. Es klingelt an der Tür. Die Bewohnerin, eine ältere Dame öffnet. Vor ihr steht eine blasse, junge Frau: „Entschuldigen Sie, ich bin schwanger, kann ich bitte ein Glas Wasser haben?“ Die hilfsbereite Seniorin bittet die Frau herein, lässt die Tür offen. Minuten später ist die Frau wieder weg, leider auch Geld und Schmuck. Die alte Dame hatte nicht bemerkt, dass eine zweite Person in die Wohnung kam, während sie abgelenkt war.
Trickdiebstahl hat in den vergangenen Monaten in Zehlendorf stark zugenommen. Opfer sind ältere und sehr alte Menschen in wohlhabenderen Gebieten. Die Polizei ist alarmiert, kann die Taten aber oft nicht verhindern. Es sind Vorgänge, die nur Minuten dauern. Zudem bemerken die Bestohlenen manchmal erst nach Tagen, dass ihnen Geld oder Wertgegenstände fehlen, dann ist es zu spät für Ermittlungen.
Andreas Knüppel ist Leiter des Abschnitts 43 in der Alemannenstraße 10. Im Zuständigkeitsbereich leben 70000 Menschen. „Mit repressiven Maßnahmen stehen wir auf verlorenem Posten“, sagt er. „Wir setzen auf Prävention.“ Nicht nur die Senioren, auch deren Angehörige – soweit vorhanden – seien zu sensibilisieren. Erschwerend: Die älteren Menschen leben oft allein, sind verwitwet, eventuell in ihrer Mobilität eingeschränkt, ohne soziale Kontakte. Gerade dann sei erhöhte Aufmerksamkeit gefragt, vor allem auch von Nachbarn. „Wer etwas Verdächtiges bemerkt, soll sich sofort ohne Scheu bei uns melden.“ Es gehe nicht ums Schnüffeln oder Spionieren.
Die Täter sind absolute Profis, in Banden organisiert, spähen ihre potenziellen Opfer aus. Beispiel: „Sie sehen eine teuer gekleidete Seniorin in der Apotheke und folgen ihr zum Haus“, erklärt Patrick Simonsmeier, im Abschnitt 43 zuständiger Sachbearbeiter für die Kriminalitätsbekämpfung. „Oder sie suchen im Telefonbuch nach altmodisch klingenden Vornamen.“
Die Methoden der Täter sind vielfältig. Sie geben sich als Freunde des lange nicht gesehenen Enkel oder Neffen aus, der dringend Geld braucht (Enkeltrick), wollen Tücher und Tischdecken verkaufen (Tuchtrick), bitten darum, dem Nachbarn eine Nachricht hinterlassen zu dürfen (Zetteltrick). Beim Dachdeckertrick bemerken angebliche Handwerker einen Schaden, den sie sofort zum Schnäppchenpreis ausbessern wollen. Besonders fies: Anrufe von vorgeblichen Polizisten oder Mitarbeitern der Landeszentralbank. „Sie erzählen, Falschgeld sei im Umlauf, das sie überprüfen müssen, kommen vorbei und nehmen das ,Falschgeld‘ mit“, berichtet Simonsmeier. „Das zerstört natürlich das Vertrauen in die Polizei.“
Ziemlich erschreckend ist die Schadensbilanz: Mit dem Enkeltrick sind bereits Beträge von über 20000 Euro erbeutet worden. Positiv hingegen ist die Zusammenarbeit mit den Banken. „Wenn jemand unerwartet viel Geld abheben will, werden wir informiert, so kann Schlimmeres verhindert werden“, sagt Knüppel.
Zur Vorsorge gegen Trickdiebstahl geht die Polizei regelmäßig in Seniorenheime und -freizeitstätten, informiert über das Vorgehen der Täter. Am wichtigsten aber ist Vorsicht an der eigenen Haustür. „Nie die Tür ganz aufmachen, eine Kette vorlegen, niemandem vertrauen, den man nicht kennt, Ausweise zeigen lassen“, appelliert Knüppel und betont: „Beim geringsten Verdacht bitte die Polizei anrufen, wir kommen lieber einmal zu viel als zu wenig.“ Neben dem Notruf 110 kann der Abschnitt 43 unter 466443-700 und-701 angerufen werden – rund um die Uhr. uma
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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