Fangschrecke lebt in einem Garten in Nikolassee
"Ich habe vor 30 Jahren in Korea Gottesanbeterinnen gesehen, deshalb wusste ich, was da vor mir ist", sagt Klaus E. Auf den ersten Blick könnte ein Laie das knapp acht Zentimeter lange Tier auch für eine Heuschrecke halten. Der Entdecker freute sich jedenfalls und zeigte die Fangschrecke seiner Frau Dagmar. "Tja, jetzt haben wir ein Haustier", war ihre Reaktion. Das Insekt wurde vom nicht sehr ergiebigen Ahorn auf einen Strauch mit weißen Himbeeren umgesetzt, die jetzt noch Früchte produzieren. Fliegen, Wespen und Co kommen vorbei - die Schrecke hat ein abwechslungsreiches Speisenangebot.
Klaus E. forschte im Internet, las, dass die Europäische Gottesanbeterin (Mantis religiosa, Oberbegriff Fangschrecke) in Deutschland auf der Roten Liste der Geradflügler in die Kategorie 3 (gefährdet) eingruppiert ist und weder gefangen noch gehalten werden darf. Ein Anruf beim Naturschutzbund Deutschland folgte, der auf Bernd Krüger von der Entomologischen Gesellschaft Orion verwies. Der Verein befasst sich mit Insektenkunde. Krüger bestätigte die Seltenheit der Gottesanbeterin hierzulande, nahm das Exemplar in Nikolassee in Augenschein und stellte fest, dass es ein weibliches, nicht begattetes Tier ist. "Es gibt zwei oder drei Vorkommen in Brandenburg, eins auf dem Schöneberger Südgelände", erklärt Krüger. "In Süddeutschland und in Österreich sind die Insekten öfter anzutreffen." Bisherige DNA-Untersuchungen hätten ergeben, dass die Berliner und Brandenburger Vertreter aus Italien kommen - vermutlich auf dem Schienenweg. Eher ungewöhnlich sei, dass es sich beim Exemplar in Nikolassee um ein Einzeltier handele.
Bernd Krüger möchte daher herausfinden, ob es in Nikolassee weitere Fundorte mit weiteren Fangschrecken gibt. "Es könnte ja sein, das Spaziergängern oder Hundebesitzern etwas auffällt, wir würden uns über eine Meldung per E-Mail an bkrg@bkmakro.de sehr freuen", sagt Krüger.
Gottesanbeterinnen sind einjährig, beim ersten Frost sterben sie. Bis dahin werden Klaus und Dagmar E. ihr "Haustier" beobachten - und manchmal etwas länger im Himbeeerstrauch suchen müssen, denn die Tarnung des Insekts ist perfekt. Die Chancen, dass die Gottesanbeterin in ihrem Garten bleibt, stehen gut - solange sie genug Beutetiere findet. Und wenn sie doch verschwindet? "Wenn sie einen anständigen Kerl findet, habe ich nichts dagegen", meint Klaus E. augenzwinkernd.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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