100 Jahre Naturschutz und Gemeinschaftssinn
Die Kolonie Schlachtensee-Süd feiert Jubiläumsfest mit Wiesenlimonade und Kräuteröl-Workshop
Vor 100 Jahren, am 19. Mai 1919, wurde der Kleingartenverein Schlachtensee-Süd an der Benschallee 30 gegründet. Am Sonnabend, 18. Mai, beginnt um 13 Uhr die Jubiläumsfeier. Eingeladen sind Anwohner, Nachbarn und alle, die ein paar Stunden in der blühenden Natur verbringen wollen.
„Kleingärten werden immer beliebter, auch bei jungen Familien“, sagt Malte Meinhardt von der Organisationsgruppe der 100-Jahr-Feier. Dabei gehe es um mehr als nur frisches Gemüse und Erholung in der Natur. „Bei uns gibt es Bildungsangebote eines Imkers für Kinder, eine Insektenschutzgruppe und die Zusammenarbeit mit einem Verein zur Rehabilitation und Pflege von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen.“
Schlachtensee-Süd war ursprünglich eine Eisenbahner-Kolonie. Das Gelände gehörte der Reichsbahn. Armut, schlechte gesundheitliche Bedingungen und Wohnungsnot in der Stadt waren vor 100 Jahren Gründe für die Anlage der Kleingartenkolonie. Auf dem Brachgelände zwischen dem Waldfriedhof und der Grenze zu Kleinmachnow entstand eine Anlage mit einer Fläche von rund 1600 Quadratmetern und knapp 400 Parzellen. Mehr als 500 Vereinsmitglieder bewirtschaften die Parzellen. Die ältesten von ihnen sind schon seit 70 Jahren und länger auf der Dauerkolonie – sie kann also nicht ohne Weiteres bebaut werden. Einige wohnen dort sogar seit ihrer Kindheit – das erlaubte eine frühere Ausnahmeregelung.
Beet für Wildbienen und Schmetterlinge
Heute stehen neben der Erholung im Grünen der ökologische Gemüseanbau und der Naturschutz im Mittelpunkt. Eine Gruppe widmet sich seltenen und schützenswerten Tieren, die in der Kolonie leben, fotografiert sie und sammelt Daten. Eine Familie kümmert sich seit Jahren um aus dem Nest gefallene Jungvögel und päppelt sie auf. Ein Beet wurde angelegt, in dem Pflanzen wachsen, die gerne von Wildbienen und Schmetterlingen angeflogen werden.
Das Gemeinschaftsleben spielt ebenfalls eine große Rolle. So stellt ein Pächter jährlich zur Apfelernte seine Saftpresse zur Verfügung. Ein Kinderfest wird gefeiert, ein Sommerfest, die Spielegruppe trifft sich zu Skat und Doppelkopf, die Frauengruppe sammelt durch die Veranstaltung von einem Flohmarkt und einem Basar Geld für krebskranke Kinder im Virchow-Klinikum.
Seit Kurzem ist auch die „Perspektive Zehlendorf“ Unterpächter einer Parzelle. Der Verein zur Rehabilitation und Behandlung psychisch kranker Menschen will Betroffenen durch den Aufenthalt in der Natur und durch die gemeinschaftliche Gestaltung der Parzelle zu mehr seelischem Gleichgewicht verhelfen.
Engagement spart hohe Kosten
Eine Gruppe Freiwilliger reißt zudem übergroße Lauben aus alten Zeiten ab und erspart dem Bezirksverband der Kleingärtner viele Kosten, der diese Aufgabe sonst übernehmen müsste. „Es stehen noch etliche Bauten, die größer als die heute erlaubten 24 Quadratmeter sind. Sie entstanden in Zeiten, in denen der Wohnraum knapp war. Vom Bezirksamt werden sie nicht mehr geduldet“, erläutert Meinhardt. Ein Laubenabriss durch ein Unternehmen könne mehrere 1000 Euro kosten.
Freie Parzellen gibt es derzeit nicht. Nachbarn und Anwohner sind aber trotzdem ins Kleingärtner-Leben eingebunden. „Sie können durch die Kolonie spazieren und unsere öffentlichen Feste besuchen“, erläutert Patrick Heymann vom Festschuss. Zudem plane man Workshops, soziale Projekte und Info-Tage zum Thema Gärtnern.
Zum Jubiläumsfest sind zahlreiche weitere Initiativen und Gruppen eingeladen. Beim Kinder- und Jugend-, Reit- und Fahrverein können Traumfänger aus Hufeisen gebastelt werden. Der Sportverein Zehlendorfer Wespen 1911 organisiert ein Wespenquiz, der Kleintierzuchtverein Zehlendorf bringt Kaninchen und Vögel mit, der Interkulturelle Garten Rosenduft lädt zum Kräuteröl-Workshop ein. Das Freilandlabor Zehlendorf informiert über das Leben im Teich, und die Kräuterpädagogen der Gundermannschule brauen „Wiesenlimonade“.
Für Kinder gibt es ein Programm mit Schminken, Dosenwerfen, und Schaumkuss-Wettessen. Für Musik sowie Essen und Trinken ist gesorgt.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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