Auf den Spuren von "Elektropolis"
Spaziergang an der Wiege der deutschen Elektroindustrie
Derzeit ist guter Rat teuer, wenn es darum geht, was man noch unternehmen kann/darf. Sparziergänge im Freien sind ohne Kontakt ja erlaubt, spazieren Sie doch mal durch "Elektropolis".
Der Königplatz ist seit Jahrzehnten nur noch eine schlichte Straßenkreuzung, an der Wilhelminenhof- und Edisonstraße aufeinander stoßen. Hier stand vor rund 120 Jahren die Wiege der deutschen Elektroindustrie, daher der Beinahme Elektropolis. Die riesige Halle mit dem weithin sichtbaren, erst nach dem Ende der DDR wieder angebrachten Logo AEG – Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft – ist ein Kind der Moderne. Die riesige Halle, in der Großtransformatoren montiert wurden, entstand 1928 nach Plänen von Ernst Ziesel (1880-1946), einem der Hausarchitekten der AEG.
Von Ziesel stammen auch der zuletzt von der Allianz genutzte Komplex der früheren Elektro-Apparate-Werke am Bahnhof Treptower Park und die Wohnsiedlung zwischen An der Wuhlheide, Zeppelinstraße und Triniusstraße.
Wenn Sie der Wilhelminenofstraße weiter in Richtung Osten folgen, nehmen die Backsteinfassaden auf der rechten Straßenseite kein Ende, während auf der linken Seite Wohnbebauung dominiert. Während die große Trafohalle leer steht, sind viele der anderen TRO-Gebäude vermietet. Neben einem Discounter auch an mittelständische Unternehmen, Werkstätten und sogar einen Internethändler für Faschingsmasken. In mehreren Häusern befinden sich Künstlerateliers.
Auf einem Teil des Geländes hat sich das Kunst- und Kulturzentrum Reinbeckhallen etabliert, gleich daneben befindet sich das derzeit leider geschlossene Museum Industriesalon.
Ungefähr in Höhe Reinbeckstraße geht der Komplex der Transformatorenfabrik in die Gebäude des früheren Kabelwerks Oberspree über, früher ebenfalls ein AEG-Betrieb. Während auf einem Teil des Geländes noch Anschlusskabel für Großgeräte gefertigt werden, hat im Bereich Rathenauplatz die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) einen ihrer beiden Standorte. Viele Jahre lang prangte hier noch das Logo des Kabelwerks auf dem Dach. Nach Sturmschäden musste es 2019 abgenommen werden. Ein Teil der Konstruktion ist in ein riesiges Wandbild integriert, welches über die Geschichte von Elektropolis informiert und an der Wand der Fahrzeugprüfhalle neben Hauptgebäude C jederzeit öffentlich zugänglich ist.
Hinter der Ostendstraße beginnt der Gebäudekomplex, der 1914 bis 1917 nach Plänen von Peter Behrens errichtet wurde. Hier dominiert statt Backstein Putz. Errichtet wurde der Komplex für die AEG-Tochter Nationale Automobilgesellschaft, die hier Pkw baute. Seit den 30er-Jahren wurden Elektronenröhren gefertigt, unter anderem für die ersten Fernsehgeräte und die Radargeräte der Wehrmacht. Zu DDR-Zeiten befand sich hier das Werk für Fernsehelektronik. Das war Hersteller von Elektronikchips, Leuchtdioden und Farbbildröhren aus einer aus Japan importierten Produktionsstrecke. Bis 2005 wurden von Samsung noch Bildröhren produziert. Heute sind die Gebäude vermietet, an kleinere Betriebe und an die nahe Hochschule für Technik und Wirtschaft.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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