Eine Woche lang auf Sendung
Im Zentrum für Demokratie wird ein Bürgerradio ausgestrahlt

Claudia Max hat mit ihrer Kollegin Katja Sternberger im Zentrum für Demokratie ein Radioprogramm entwickelt. | Foto: Philipp Hartmann
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„Das Schöne am Freien Radio ist: Du musst nicht perfekt sein“, sagt Claudia Max. Professionelle Moderatoren braucht es dafür nicht. Prinzipiell jeder kann mitmachen und seine eigene Sendung auf die Beine stellen. Vom 5. bis 9. Oktober bekommt nun Schöneweide für eine Woche eine eigene Radiostation.

Claudia Max arbeitet in der Fach- und Koordinierungsstelle der Partnerschaft für Demokratie Treptow-Köpenick im Zentrum für Demokratie Treptow-Köpenick (ZfD). Gefördert wird das ZfD im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zu dessen Förderrichtlinien gehört unter anderem, dass einmal im Jahr eine Demokratiekonferenz ausgerichtet werden soll, eine Veranstaltung, bei der sich Menschen darüber austauschen, was für eine lebendige Demokratie wichtig ist und wie man sie vor Demokratiefeinden bewahrt. Die Idee, in diesem Rahmen erstmals ein Radioprogramm zu entwickeln, ist der Pandemie geschuldet. „Wir wollten die Demokratiekonferenz coronakonform durchführen“, erklärt Claudia Max.

Sie und ihre Kollegin Katja Sternberger haben beide bereits Radioerfahrungen gesammelt. Beide kommen aus Leipzig und arbeiteten dort für den nichtkommerziellen, freien Radiosender „Radio Blau“. Claudia Max hat außerdem bei „Radio Corax“ in Halle an der Saale mitgewirkt. Eine gewisse Expertise für die temporäre Radiostation bringen sie daher mit.

Gedankenanstöße und Stadtteilgeschichte

Das benötigte Equipment haben sie sich auch schon besorgt. Das Programm wird täglich von 17 bis 19 Uhr im Livestream über die Webseite des ZfD und bei YouTube zu hören sein. Die Themen stehen fest. Mit Gregor Gysi (Die Linke), direkt gewählter Bundestagsabgeordneter für Treptow-Köpenick, hat auch ein ganz bekanntes Gesicht seine Teilnahme zugesagt.

Am Montag, 5. Oktober, wird es unter anderem um die Frage gehen, welchen Beitrag das Medium Radio für die Demokratie leisten kann. Dabei sollen Personen sowohl aus dem Bereich des privaten als auch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu Wort kommen. Thematisiert werden soll auch das Funkhaus Nalepastraße in Oberschöneweide, wo von 1956 bis 1990 der Rundfunk der DDR seinen Sitz hatte.

Die Sendung am Dienstag wird sich der Arbeit antifaschistischer Initiativen im Bezirk widmen und zeigen, wie sie den Kiez mit ihrem Wirken verändert haben. Auch die Geschichte der Neonazis rund um die Brückenstraße in Schöneweide steht im Fokus. „Die Brückenstraße war bis 2014 bundesweit bekannt als ‚die braune Straße‘, weil es viele von Neonazis geführte Läden gab“, blickt Benedikt Hotz zurück, der ebenfalls im ZfD arbeitet. Berüchtigt sei beispielsweise die Kneipe „Zum Henker“ gewesen. Jahrelang habe die NPD mit ihrer Bundeszentrale am Mandrellaplatz in Köpenick dafür geworben, Neonazis nach Schöneweide zu locken. Genau in dieser Zeit, erinnert sich Hotz, sei Gregor Gysi mit seinem Bürgerbüro in die Brückenstraße gezogen, um der rechten Szene „etwas entgegenzusetzen“. Es habe damals Zeiten gegeben, da seien beinahe täglich die Scheiben seines Büros eingeschlagen worden. Gysi habe deswegen damals gescherzt, er benötige ein Abo beim Glaser. Der Politiker der Linksfraktion soll in einem Interview über seine Erfahrungen in der Brückenstraße erzählen.

Antirassistische Organisationen sollen den Bürgern am Mittwoch vorgestellt werden, das Thema Obdachlosenfeindlichkeit sowie Anlaufstellen für Obdachlose im Bezirk am Donnerstag. Den Abschluss bilden am Freitag jüdisches Leben in Treptow-Köpenick und die Fachstelle TKVA („Treptow-Köpenick für Vielfalt und gegen Antisemitismus“).

Sich zu beteiligen ist vielfältig möglich

Bürger können sich beteiligen, indem sie eigene Beiträge zu diesen Themen produzieren und einsenden oder während des Livestreams bei YouTube Kommentare abgeben. Claudia Max würde sich außerdem darüber freuen, wenn Musiker eigene GEMA-freie Musik zur Verfügung stellen. Die würde sie gern ins Programm mit aufnehmen. Trotz der brisanten Themen solle das Programm Lockerheit ausstrahlen und „etwas Motivierendes reinbringen“. Nach der Demokratiekonferenz soll ein Podcast folgen, um noch mehr jüngere Menschen zu erreichen. Dann könnten sich auch Bürger melden, die gern etwas aufnehmen wollen.

Das ZfD (Michael-Brückner-Straße 1, Ecke Spreestraße) ist unter pfd-tk@offensiv91.de oder pfd-sw@offensiv91.de und 65 48 72 93 erreichbar. Infos und Zugang zum Radioprogramm gibt's auf www.zentrum-für-demokratie.de.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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