Treptow-Ateliers vor ungewisser Zukunft
Künstler müssen ihre Räume in den Rathenau-Hallen im Januar verlassen
Die Zahl der Ateliers in Berlin schwindet seit Jahren. Künstler haben es immer schwerer, bezahlbare Arbeitsräume zu finden. So ergeht es auch den Treptow-Ateliers. 26 Künstler unterschiedlicher Stilrichtungen aus verschiedenen Ländern haben sich in dem Verein zusammengeschlossen. Sie nutzen Räume in den Rathenau-Hallen, doch das ist bald nicht mehr möglich.
Ein Schreibtisch, darauf ein Computer. An der Wand hängen ein paar Fotos. Daneben stapeln sich Pappkartons und Aktenordner in einem Regal. Hier hat sich Christoph Schieder eingerichtet. Der 54-Jährige ist Gründungsmitglied der Treptow-Ateliers. Die Gemeinschaft existiert seit etwa zehn Jahren, seit 2019 als Verein. Die Künstler nutzen 17 Ateliers in der Wilhelminenhofstraße 83-85. Schieder, der in Neukölln lebt und als Fotograf arbeitet, teilt sich einen 65 Quadratmeter großen Arbeitsraum mit dem Maler Marc Bowditch. Dort lagert er sein gesamtes Equipment. In dem Atelier bearbeitet und sortiert er seine Fotos, bereitet Ausstellungen und Bücher vor.
Aktuell steht Christoph Schieder vor einem großen Problem. Und das nicht zum ersten Mal, denn die Treptow-Ateliers waren schon einmal gezwungen, ihren Standort zu wechseln. Vor zweieinhalb Jahren mussten sie ein Atelierhaus in der Mörikestraße 8-12 in Baumschulenweg verlassen. Das Haus ist längst abgerissen, doch noch immer ist dort nur eine Baugrube zu sehen. „Das ärgert uns sehr“, sagt Schieder. Damals fanden sie in den Rathenau-Hallen eine neue Heimat. Mit dem Eigentümer BaseCamp, der die in weiten Teilen leerstehenden Hallen denkmalgerecht sanieren und zum Büro- und Kulturstandort machen will, konnten sie eine einjährige Zwischennutzung vereinbaren. Mittlerweile sind daraus zweieinhalb Jahre geworden, doch in wenigen Wochen ist endgültig Schluss. Bis zum 15. Januar müssen alle Künstler die Räume verlassen haben.
Christoph Schieder hat dafür volles Verständnis. Der Eigentümer habe den Künstlern lange genug die Räume überlassen. Sauer ist er hingegen auf die Senatsverwaltung für Kultur und Europa mit ihrem Senator Klaus Lederer (Linke). Diese hat vor langer Zeit angekündigt, nur 500 Meter entfernt ein leerstehendes Gebäude in der Wilhelminenhofstraße 90a durch die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) zu sanieren und auszubauen. Die alte Berufsschule, seit mehr als einem Jahrzehnt ungenutzt, soll im Rahmen des Arbeitsraumprogramms ein Produktionsort für freie Künstler werden.
Das verfallene Gebäude hätte die Rettung für die Treptow-Ateliers bedeuten können. Bis jetzt ist vor Ort aber nur ein Baustellenschild zu sehen, worauf „Bauplanung/ Baubeginn 2021/2022“ zu lesen ist. Ein Fortschritt ist nicht sichtbar. Die Treptow-Ateliers haben der Senatsverwaltung vorgeschlagen, die Sanierung selbst in die Hand zu nehmen und zu finanzieren. Mindestens drei Jahre ist das laut Schieder her. Sogar eine Machbarkeitsstudie hat der Verein durchführen lassen. „Hätten wir damals loslegen können, wären wir heute wohl fertig und könnten umziehen.“ Stattdessen habe die Senatskulturverwaltung abgelehnt.
Auf Nachfrage teilt diese mit, dass aktuell die Planungsphase für die Sanierung noch nicht abgeschlossen sei. Es seien ausführliche und teilweise langwierige Absprachen mit unterschiedlichen Beteiligten erforderlich. Eine Baugenehmigung sei beantragt und die Bauplanungsunterlage erstellt worden. Beides befinde sich in Bearbeitung bzw. Prüfung. „Sofern die Genehmigungen zeitnah vorliegen, plant die BIM den Baubeginn im dritten Quartal 2023.“ Geplant seien sechs große Musikproberäume im Erdgeschoss für eine Vielzahl an Ensembles und zwölf Ateliers für eine langfristige Raumvergabe in den beiden Obergeschossen.
Hinsichtlich der Treptow-Ateliers heißt es aus der Verwaltung: „Auch wenn diesen durch nahende Kündigungen ihrer bisherigen Ateliers große Not droht: Hinsichtlich der Vergabe von Arbeitsräumen in landeseigenen Liegenschaften sind hier ganz klare Regeln gesetzt.“ Die Vergabe im Arbeitsraumprogramm erfolge über ein Juryverfahren und „eben nicht en gros an Künstlergruppen“. Darüber hinaus sei bei dem Gebäude eine schnelle Herrichtung in Eigenregie aufgrund des erheblichen Sanierungsbedarfs nicht möglich.
Aus Sicht der Senatsverwaltung hätten die Künstler ausreichend Unterstützung bei der Suche nach einem Ersatzstandort bekommen, was diese jedoch dementieren. Mehr als 70 Objekte hätten sie in den vergangenen vier Jahren selbst auf die Nutzbarkeit als Atelierstandort geprüft. Gescheitert sei es immer an zu hohen Mieten, zu kurzen Mietzeiträumen oder zu hohen Investitionskosten. Eine dauerhafte Lösung zur Miete für die Gemeinschaft ist nicht in Sicht. „Die Leute sind mittlerweile erschöpft. Sie haben dafür auch ihr Privatleben vernachlässigt“, sagt Christoph Schieder über seine Künstlerkollegen. „Wir kämpfen jetzt ums nackte Überleben. Es geht um die Existenz.“
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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