Ringsum Brandenburg, mittendrin Berlin
Stadtführung quer durch den Modellpark Wuhlheide
Diesmal geht es nach Oberschöneweide, in den Nordwesten der Wuhlheide, in den unterhaltsamen Modellpark Berlin-Brandenburg. Obwohl noch immer ein wenig versteckt hinter der Karlshorster Trabrennbahn, kann man sich dort fast wie Gulliver im Land der Liliputaner fühlen.
Eigentlich erstaunlich, dass einige in den 15 Jahren seit seiner Gründung noch nicht da war, um den besonderen Blick auf mehr oder weniger berühmte Bauten Berlins und der Mark zu genießen. Über 80 sind im Maßstab 1:25 aufwendig nachgebaut worden. Zwar ist noch längst nicht der Ruhm des großen holländischen Vorbilds Madurodam erreicht, auch gibt es in den anderen Bundesländern ältere und größere Miniaturstädte, doch sagt die Erfahrung, dass man in dieser Gegend über kurz oder lang trotz aller Unkenrufe durchaus bis in die Europaliga kommen kann. So wie es der Mannschaft des 1. FC Union mit ihrem zweieinhalb Kilometer südöstlich gelegen Stadion an der Alten Försterei vor Kurzem gelungen ist.
Vor zehn Jahren stand in gedruckten Berliner Stadtplänen der Ort des Modellparks noch als „Ernst-Thälmann-Stadion“. Da war die einstige Pionierrepublik im Volkspark Wuhlheide schon längst zum FEZ, Europas größtem gemeinnützigen Kinder-, Jugend- und Familienzentrum geworden – mit einem Palast in der Mitte. Im Modellpark treffe ich Klaus Sieber, der gerade dabei ist, die Lautstärke eines Rockkonzerts in der angesagten Berliner 17.000-Plätze-Parkbühne Wuhlheide hoch- und wieder herunterzufahren, nebenbei die Wuhlheide-Parkeisenbahn loszuschicken. Beides natürlich an den detailgenauen und elektronisch hochgerüsteten Modellen, die seine ständige Pflege danken. Der erfahrene Diplomingenieur, der die Elektronik in langen Jahren aufgebaut hat, nennt sich nun bescheiden „Techniker im Ruhestand“ und eilt schon zum nächsten Objekt.
Fünf Modellbahnen
Immerhin fünf Garten-Modellbahnen fahren herum, sogar eine um das sorbische Dorf, tief im Süden Brandenburgs. Den Stadtgänger interessiert aktuell besonders die kurze U-Bahn zum Bahnhof Wittenbergplatz, dessen Zentralkuppel-Original er gerade öfter anfährt. Schließlich erweckt Klaus Sieber per Tastendruck noch die kräftige Stimme des Spandauer Bezirksbürgermeisters a. D. zum Leben, die aus dem offenen Fenster des mächtigen Rathauses die Modellpark-Besucher in die Festungsstadt einlädt.
Eine weitere Hommage an Alt-Köpenicks fast gleichaltrige westliche Schwesternstadt im Raum Groß-Berlin ist das Modell der Spandauer Zitadelle. Es nimmt die wohl größte Einzelfläche im Park ein. Nicht sichtbar ist von außen die flache Pferdetreppe des Kommandanten- und Torhauses, über die laut Chronik am 24. Januar 2015 nach 11 Uhr 100 Leser der Berliner Woche und des Spandauer Volksblatts zu den offenen Bastionen hinaufgestiegen waren– ganz ohne Pferde. Wussten Sie, dass wir die meisten Berliner Modelle seit 18 Jahren in Originalgröße und am Originalort bei unseren Leserführungen gesehen haben? Nicht alle! Im Moment fehlt gerade ein verblüffender Zweigeschosser in Brotbüchsenform neben dem Howoge-Hochhaus Lichtenberg-Süd, Schulze-Boysen-Straße 38. Es ist das Modell der „Kiezspinne“, auch Orangerie. Es ist gerade zur Reparatur in der Werkstatt. Vorbild war das dortige, vielgenutzte moderne Nachbarschaftshaus. Im ruhigen Modellpark wird man nicht von den Eindrücken erschlagen. Man hat Muße, alles aus ungewohnter Vogelperspektive zu betrachten, unterbrochen vielleicht vom Besuch der Imbiss-Terrasse.
Viel Platz für Neues!
Der Park ist vor über 20 Jahren ganz nüchtern aus einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme entstanden. Der freie Träger BUS gGmbH wurde damals beauftragt, Arbeitslose an professionellen Modellbau heranzuführen. Seitdem hat auch die USE – Union Sozialer Einrichtungen gGmbH Werkstattplätze für behinderte Menschen geschaffen. Für Neues ist im Modellpark auf dreieinhalb Hektar Parkfläche immer noch genug Platz. So könnte man sich zum Beispiel gut vorstellen, das höchstgelegene Ausflugsziel des Bezirks Treptow-Köpenick, nämlich den Müggelturm samt umliegender Berglandschaft aus dem Flachland-Areal herausragen zu sehen. Falls sich dafür ein Sponsor findet!
Der Spaziergang beginnt am Sonnabend, 25. Juni, um 11 Uhr. Treffpunkt ist die Ecke Treskowallee und Hegemeisterweg, zu erreichen ab S-Bahnhof Schöneweide oder Karlshorst mit der Tram 21 bis zur Haltestelle "Hegemeisterweg". Übrigens wiederhole ich die Führung am 9. Juli um 14 Uhr. Der Treffpunkt bleibt derselbe, die Teilnahme kostet sieben Euro. Anmeldung dafür unter Tel. 442 32 31. Weitere Informationen auf www.stadtgaenge.de.
Die Führung ist für Leser der Berliner Woche und des Spandauer Volksblatts kostenlos. Allerdings ist eine Anmeldung erforderlich: Am Montag, 20. Juni, in der Zeit von 10 bis 12 Uhr anrufen unter Tel. 887 27 71 00.
Autor:Bernd S. Meyer aus Mitte |
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